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Mechanische Rechenmaschine

Museum Handwerkerhof


Herstellung: um 1930
in: Ottweiler

Merkmale

Inventarnummer:
2017HWO0076
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Mechanische Rechenmaschine
weitere Objektbezeichnung:
"Thales Patent" - Modell "MEZ"
Sachgruppe:
Signatur:

bezeichnet (
Gehäuse: Typ "MEZ")

Maße:
Gesamt: B: 24 cm, T: 25 cm, H: 13 cm

Beschreibung

Rechenmaschine ("Thales")

Bei dem vorliegenden Exponat handelt es sich um eine manuell anzutreibende Klein-Rechenmaschine der deutschen Firma "Thaleswerk, Rechenmaschinen-Spezialwerk GmbH", die mit den Maßen 24 X 25 X 13 besonders handlich konzipiert war.

Zu (mechanischen) Rechenmaschinen allgemein:
Eine Rechenmaschine (Kalkulator) ist ein Gerät, mit dessen Hilfe sich mathematische Berechnungen automatisiert ausführen lassen. Dieses Rechenhilfsmittel unterstützt die Berechnung aufwändigerer mathematischer Aufgaben, indem dem Benutzer möglichst wenig kognitiver Aufwand abverlangt wird. Die Möglichkeit der Berechnungen hängt von der jeweiligen Maschine und den für dieses Gerät angebotenen Algorithmen ab.
Die ersten Rechenmaschinen wurden mechanisch per Hand angetrieben. Bis in die 1970er Jahre fanden vor allem die - Zweispezies-Maschinen genannten - Addiermaschinen, die lediglich Addition und Subtraktion beherrschten, Verwendung. Dreispezies-Maschinen konnten zusätzlich die Multiplikation und Vierspezies-Maschinen auch die Division größtenteils automatisch ausführen. Diese Rechenvorgänge gingen zumeist vergleichsweise langsam und geräuschintensiv vonstatten. Elektromechanische Rechenmaschinen waren mitunter in der Lage, auch die Quadratwurzel zu ziehen.
Der deutsche Astronom und Mathematiker Wilhelm Schickard (1592 -1635) baute im Jahre 1623 die erste urkundlich erwähnte Rechenmaschine mit Zahnradgetriebe, die die vier Grundrechenarten ausführen konnte (Additionen, Subtraktionen, Multiplikationen und Divisionen). Er erfand damit das Konstruktionsprinzip von Ziffernrad und Zehnerübertragung. Zudem war erstmals bei der Addition und Subtraktion das Ergebnis sofort ablesbar. Die Maschine rechnete allerdings nur mit Ganzen Zahlen. Der französischer Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623 - 1662) entwickelte 1642 eine Rechenmaschine für sechsstellige Addition und Subtraktion, die sog. "Pascaline". Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) konstruierte ohne Kenntnis von den Arbeiten seiner Vorgänger 1676 eine Rechenmaschine, mit der alle vier Grundrechenarten zu bewerkstelligen waren.
Zur Umsetzung von Drei- und Vierspeziesmaschinen setzten sich folgende Techniken bzw. Prinzipien durch: 1. Die Staffelwalze, 2. Das Sprossenrad, 3. Der Proportionalhebel, und 4. Der Multiplikationskörper.
1. Erfunden wurde die Staffelwalze im Jahre 1676 von Leibniz. Eine Staffelwalze ist eine Anordnung von achsenparallelen Zahnrippen mit gestaffelter Länge. Je nach Position des zweiten verschiebbaren Zahnrades wird bei einer Umdrehung der Staffelwalze dieses um null bis neun Zähne weitergedreht.
2. Der italienische Professor für Astronomie und Mathematik Polenius gilt als Erfinder des Sprossenrades und beschrieb dieses im Jahre 1709. Ein Sprossenrad ist ein Zahnrad mit beweglichen Zähnen, die sich durch Verdrehen einer Kurvenscheibe herausschieben lassen. Je nach Hebelstellung sind also zwischen 0 und 9 Zähne im Eingriff mit dem Zählrad und drehen dieses um entsprechend viele Stufen weiter.
3. Im Jahre 1905 wurde von Chr. Hamann der Proportionalhebel erfunden. Er arbeitete mit Zahlstangen, welche in einem Parallelogramm gelagert waren. Beim Schwenken des Antriebshebels werden sie jeweils um 0 bis 9 Zähne verschoben. Das verschiebbare Zahnrad wird mit der gewünschten Zahnstange in Eingriff gebracht und somit um die entsprechende Anzahl Zähne mitgenommen. Nach diesem Prinzip entstand im Jahre 1913 mit der "Mercedes Euklid" der erste Vollautomat, bei dem die Berechnung auf Tastendruck vollautomatisch ablief.
4. 1888 stellte Léon Bollé erstmals die Idee eines Multiplikationskörpers vor: Statt die Multiplikation mit einer einstelligen Zahl durch mehrfache Addition zu bewerkstelligen, sollte diese mit Hilfe eines Multiplikationskörpers in einem Arbeitsgang auszuführen sein (patentiert von Otto Staiger im Jahre 1892).

Zu der Firma "Thaleswerk GmbH":
Die Rechenmaschinenfabrik "Thaleswerk, Rechenmaschinen-Spezialwerk GmbH" wurde 1911 von Emil Schubert (1883-1952), der zuvor bei der Leipziger Firma "Triumphator" Meister war und beim Aufbau der Sprossenradmaschinenfertigung mitgewirkt hatte, zunächst in Landau/Pfalz gegründet (später Rastatt/Baden). Er entwickelte viele Maschinen, musste jedoch das Thaleswerk 1936 ohne seine Patente verlassen und stellte ab 1938 Sprossenrad-Rechenmaschinen unter dem Namen "Schubert" her. Das Thaleswerk stellte ab 1925 auch Miniaturmaschinen her (M-Serie) - es produzierte bis in die Mitte der 1960er-Jahre in einer langen Modellreihe größere (A, B, C, D, G) und kleine (M, K) Rechenmaschinen.
Benannt waren Firma und Produkt nach dem berühmten griechischen Philosophen und Mathematiker Thales von Milet (um 624 - 548/44 v.Chr.), den Platon zu den "Sieben Weisen" des Altertums zählte (Ausspruch "Erkenne dich selbst").

Zum vorliegenden Modell:
Bei der vorliegenden Rechenmaschine "Thales Patent" handelt es sich um ein Exemplar des Modells "MEZ", welches seit 1925 als Kleinrechenmaschine produziert wurde. Das Gerät war eine Vierspezies-Rechenmaschine, beherrschte also die vier Grundrechenarten (Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division). Das System der Thales-Maschinen war das Sprossenrad - sämtliche Zählwerke gehören zum Typ der Rollenzählwerke. Sie ist mit einem Einstellkontrollwerk und Zehnerübertragung im Umdrehungswerk ausgestattet (automatisch oder von Hand). Das Eingabewerk besitzt 6 Stellen, das Resultatwerk 10 und das Zähl- oder Umdrehungszählwerk seinerseits 5 Stellen (anstatt der späteren 6), was - zusammen mit dem Trapezschloss, der schwarzen Farbe und der Seriennummer mit der Anfangszahl 3 - auf eine frühere Bauzeit (etwa 1930) verweist. Das Umdrehungszählwerk zählt die Anzahl der Operationen - der Begriff "Umdrehung" leitet sich hierbei ab von Rechenmaschinen mit Antrieb durch eine Kurbel, die entsprechend dem Multiplikator mehrfach gedreht wurde.
Der Antrieb der "Thales MEZ" (Seriennummer 37975) erfolgte manuell durch eine ebensolche Handkurbel auf der rechten Geräteseite, die zur Addition und Multiplikation vorwärts, zur Subtraktion und Division rückwärts gedreht wurde. Die Eingabe erfolgte durch Einstell-Hebel, die Eingabelöschung mit einem Löschbügel/-kamm und die Löschung des Resultatwerks und des Umdrehungszählwerks durch Kurbeln, welche rechts und links am beweglichen Schlitten sitzen.