Rechenmaschine ("Facit")
Bei dem vorliegenden Exponat handelt es sich um eine ca. 13 kg schwere, elektrisch angetriebene Rechenmaschine der schwedischen Firma "Facit AB", welche in den frühen 1960er-Jahren gebaut wurde.
Zu (mechanischen) Rechenmaschinen allgemein:
Eine Rechenmaschine (Kalkulator) ist ein Gerät, mit dessen Hilfe sich mathematische Berechnungen automatisiert ausführen lassen. Dieses Rechenhilfsmittel unterstützt die Berechnung aufwändigerer mathematischer Aufgaben, indem dem Benutzer möglichst wenig kognitiver Aufwand abverlangt wird. Die Möglichkeit der Berechnungen hängt von der jeweiligen Maschine und den für dieses Gerät angebotenen Algorithmen ab.
Die ersten Rechenmaschinen wurden mechanisch per Hand angetrieben. Bis in die 1970er Jahre fanden vor allem die - Zweispezies-Maschinen genannten - Addier-Maschinen, die lediglich Addition und Subtraktion beherrschten, Verwendung. Dreispezies-Maschinen konnten zusätzlich die Multiplikation und Vierspezies-Maschinen auch die Division größtenteils automatisch ausführen. Diese Rechenvorgänge gingen zumeist vergleichsweise langsam und geräuschintensiv vonstatten. Seit den 1930er-Jahren wurden die zuvor allein manuell mittels einer Drehkurbel zu bedienenden Maschinen durch elektrifizierte Versionen mit Elektromotor ersetzt. Elektromechanische Rechenmaschinen waren mitunter in der Lage, auch die Quadratwurzel zu ziehen.
Der deutsche Astronom und Mathematiker Wilhelm Schickard (1592 -1635) baute im Jahre 1623 die erste urkundlich erwähnte Rechenmaschine mit Zahnradgetriebe, die die vier Grundrechenarten ausführen konnte (Additionen, Subtraktionen, Multiplikationen und Divisionen). Er erfand damit das Konstruktionsprinzip von Ziffernrad und Zehnerübertragung. Zudem war erstmals bei der Addition und Subtraktion das Ergebnis sofort ablesbar. Die Maschine rechnete allerdings nur mit Ganzen Zahlen. Der französischer Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623 - 1662) entwickelte 1642 eine Rechenmaschine für sechsstellige Addition und Subtraktion, die sog. "Pascaline". Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) konstruierte ohne Kenntnis von den Arbeiten seiner Vorgänger 1676 eine Rechenmaschine, mit der alle vier Grundrechenarten zu bewerkstelligen waren.
Zur Umsetzung von Drei- und Vierspeziesmaschinen setzten sich folgende Techniken bzw. Prinzipien durch: 1. Die Staffelwalze, 2. Das Sprossenrad, 3. Der Proportionalhebel, und 4. Der Multiplikationskörper.
1. Erfunden wurde die Staffelwalze im Jahre 1676 von Leibniz. Eine Staffelwalze ist eine Anordnung von achsenparallelen Zahnrippen mit gestaffelter Länge. Je nach Position des zweiten verschiebbaren Zahnrades wird bei einer Umdrehung der Staffelwalze dieses um null bis neun Zähne weitergedreht.
2. Der italienische Professor für Astronomie und Mathematik Polenius gilt als Erfinder des Sprossenrades und beschrieb dieses im Jahre 1709. Aber erst 1727 gelang es dem schwäbischen Instrumentenbauer Antonius Braun d. Älteren, eine funktionsfähige Sprossenradmaschine für die vier Grundrechenarten zu entwickeln. Ein Sprossenrad ist ein Zahnrad mit beweglichen Zähnen, die sich durch Verdrehen einer Kurvenscheibe herausschieben lassen. Je nach Hebelstellung sind also zwischen 0 und 9 Zähne im Eingriff mit dem Zählrad und drehen dieses um entsprechend viele Stufen weiter.
3. Im Jahre 1905 wurde von Chr. Hamann der Proportionalhebel erfunden. Er arbeitete mit Zahlstangen, welche in einem Parallelogramm gelagert waren. Beim Schwenken des Antriebshebels werden sie jeweils um 0 bis 9 Zähne verschoben. Das verschiebbare Zahnrad wird mit der gewünschten Zahnstange in Eingriff gebracht und somit um die entsprechende Anzahl Zähne mitgenommen. Nach diesem Prinzip entstand im Jahre 1913 mit der "Mercedes Euklid" der erste Vollautomat, bei dem die Berechnung auf Tastendruck vollautomatisch ablief.
4. 1888 stellte Léon Bollé erstmals die Idee eines Multiplikationskörpers vor: Statt die Multiplikation mit einer einstelligen Zahl durch mehrfache Addition zu bewerkstelligen, sollte diese mit Hilfe eines Multiplikationskörpers in einem Arbeitsgang auszuführen sein (patentiert von Otto Staiger im Jahre 1892).
Zur Firma Facit:
Die in Atvidaberg ansässige Firma Facit AB war ein schwedischer Büromöbel- und Bürogeräte-Hersteller. Der Betrieb wurde 1922 unter dem Namen "AB Atvidabergs Industrier" als Nachfolgefirma zweier Unternehmen gegründet und verkaufte für die folgenden 50 Jahren erfolgreich (unter dem Namen "Facit" vertriebene) Rechenmaschinen. Im Jahre 1934 wurde die elektrifizierte Version des älteren Modells "Facit T" (Handkurbelmaschine), die "Facit E", bei der die Sprossenradtrommel mit Hilfe eines Elektromotors gedreht wurde, entwickelt.
Seit 1939 wurden halbautomatische Rechenmaschinen (für Division), seit 1945 die weltweit ersten vollautomatischen Zehntasten-Maschinen (auch für Multiplikation) produziert. 1956 erfolgte eine Namensänderung zu "Facit AB". Anfang der 1970er Jahre wurden preiswertere Rechenmaschinen aus Japan marktführend, so dass das Unternehmen 1973 zunächst von Electrolux, und 1983 von Ericsson übernommen wurde, bevor es nach 1988 aufgespalten und 1998 endgültig abgewickelt wurde.
Zum vorliegenden Exponat:
Bei dem vorliegenden Modell "CA1-13" (1956/7 bis 1973 in zwei Ausführungen produziert) handelt es sich um eine Vierspezies-Maschine nach dem Sprossenradprinzip mit einer zweireihigen Zehnertastatur (Zehntasten-Einstellmechanismus seit 1932 gebräuchlich), geteiltem Sprossenrad, gleitender Quotientenschaltung (seit 1936 üblich) und einer 2-stufigen Werteverarbeitung. Das Rechenwerk ist eine Simplexmaschine, der Antrieb erfolgt mittels Elektromotor, die Ausgabe über eine Anzeige, und das Löschen der Eingabe und der Werke elektronisch durch Tasten.
Ab 1949 wurde das direkte Vorgänger-Modell "ESA-0" produziert, bei der auch das Nullstellen des Resultat- und Umdrehungszählwerks über Tasten erfolgt (elektrische Zentrallöschung), so dass erstmals alle Funktionen durch elektrisch-mechanische Vorgänge gesteuert wurden. Anstatt der beiden Hebel auf der linken Maschinenseite und der 0-Taste älterer Modelle besitzt diese Maschine drei Löschtasten (I, II und III) zur Nullstellung der entsprechenden Werke. Bei den späteren Modellen wurde neben dem Hauptsteuerhebel ein zweiter Steuerhebel eingebaut.
Im Jahr 1956 änderte sich das Erscheinungsbild. Die Verkleidung wurde durch das neue, elegante Gehäuse von Sigvard Bernadotte, ein Druckgussgehäuse aus Aluminium mit besserer Schalldämmung, ersetzt, und das Modell selbst in "CA1-13" umbenannt. Danach erfolgten - ohne technische Änderungen - lediglich kleinere Design-Änderungen: von den abgerundeten Ecken ging man 1964 zu einer kantigen Form über, und die Bezeichnung für die Rechenwerke I und III wurde vertauscht.
Die Maschine besitzt ein 9-stelliges Quotientenwerk, ein 8-stelliges Multiplikatorwerk mit einer - seit 1945 verwendeten - automatischen Nullstellung, ein Umdrehungszählwerk und ein 13-stelliges Resultatwerk, welche, wie seit 1932 üblich, fest in die Maschine eingebaut sind.
Die vorliegende Maschine ist in der seit 1957 üblichen Farbe "viking grey" ausgeführt und weist das bis 1964 gültige ältere Gehäuse-Design auf. Die Form des Firmen-/Produktschildes (langrechteckig, "Facit") verweist zudem auf den Produktions-Zeitraum nach 1961, wodurch das Gerät zwischen 1961 und 1964 gebaut worden sein muss.