Drehstuhl/Uhrmacher-Drehbank (Eigenbau).
Bei der ca. 25 cm hohen und etwa 42 x 53 cm messenden Apparatur handelt es sich um einen - in der feinmechanischen Werkstatt in der Fellenbergmühle selbst verfertigten, lange hier betriebenen und noch voll funktionstüchtigen - Uhrmacher-Drehstuhl zur Fertigung von Kleinteilen für den Uhrmacherbedarf. Er wurde nach der Schließung des Beriebes von der Gebr. Kess G.m.b.H. in Merzig gekauft und später zur musealen Ausstellung wiederum als Dauerleihgabe gestiftet.
Allgemeines zum Arbeitsgang des Drehens:
Das Drehen ist gemeinsam mit dem Bohren, Fräsen und Schleifen eines der wichtigsten Fertigungsverfahren der Zerspantechnik. Dabei werden von einem Werkstück Späne abgetrennt, um die gewünschte Form zu erzeugen: das eingespannte Werkstück rotiert beim Drehen um seine eigene Achse, während das einschneidige Werkzeug die zu erzeugende Kontur abfährt. Das Werkstück wird als Drehteil und das Werkzeug als Drehmeißel bezeichnet.
Zum vorliegenden Exponat:
Die vorliegende Drehmaschine besitzt über einem mit der Werkbank verschraubten Standfuß ein waagerecht gelagertes Stahlrohr, welches als Führung des Supports dient. Dieser setzt sich aus einem längsfahrenden, mittels Handkurbel verstellbaren Werkzeugschlitten und einem darauf angebrachten, ebenfalls verstellbaren Querschlitten mit einem Werkzeughalter, in den das zur Bearbeitung ausgewähltes Werkzeug mittels einer Spannzange eingespannt wurde, zusammen. Der Drehstuhl besteht des Weiteren aus einem feststehenden Spindelstock zum Spannen der zu drehenden Teile (rechte Seite) und einem auf das Stahlrohr aufgeschobenen und dort verschieb- und klemmbaren Reitstock mit einer Pinole, welcher bei Bedarf eingespannte Werkstücke (längere Drehteile) auf der Gegenseite hält bzw. mittels einer Zentrierspitze abstützt (linke Seite). Die Vorrichtung wird bis heute mittels Transmission durch die Hauptturbine betrieben. Eine kleine Antriebsscheibe dient der Aufnahme des Transmissionsriemens - eine dreistufige Riemenscheibe überträgt die Kraft über einen weiteren Riemen auf den ebenfalls mit einer dreistufigen Scheibe ausgestatteten Spindelkopf.
Der Drehstuhl ist nahezu identisch mit der Uhrmacherdrehbank Inv.-Nr. 2017FMF0038.
Zur Antriebsart mittels Transmission:
Die Transmission ist ein in der Regel historisches Riemengetriebe der frühen Industrialisierung und gehört zu den Zugmitteltrieben. Im feinmechanischen Museum Fellenbergmühle ist sie vorzüglich erhalten und bis in die Gegenwart in Funktion. Wichtiger Bestandteil dieser Antriebsart ist der Treibriemen (Transmissionsriemen).
Zur Übertragung der erzeugten Kraft - seit dem Jahre 1929 ersetzt in der Fellenbergmühle eine Turbine das zuvor verwendete Mühlrad - dienen bis heute Wellen aus Stahl und Riemenscheiben aus Gusseisen, welche über Flachriemen (Transmissionsriemen aus Leder) verbunden sind. Wie allgemein üblich, wird die Transmission durch an der Werkstattdecke verlaufende Wellen gewährleistet, die durch den gesamten Betrieb und zwei Geschosse geführt sind. So können die erforderlichen Kräfte über längere Wege, mit vergleichsweise geringem Materialeinsatz weitergeleit werden. An den Stellen, an denen eine (fest installierte) Maschine anzutreiben ist, wird mit einer Riemenscheibe ein Riemen zu dieser Maschine herunter geführt.
Im Gegensatz zu einer einfachen, festen Wasserradwelle zur Maschine (mit Steuerung allein über die Wasserzufuhr) kann mittels Turbine und Transmission die Antriebsmaschine stets bei optimalem Wirkungsgrad laufen, und jeder Abnehmer seine Drehzahl individuell einstellen. Der Einsatz von gestuften (kaskadierten) Riemenscheiben, also Scheiben verschiedener Durchmesser direkt nebeneinander, erlaubt die Einstellung verschiedener Drehzahlen an dem jeweils angetriebenen Gerät. Eine einfache Art einer Kupplung wird durch eine Anordnung von zwei gleichen Riemenscheiben nebeneinander, wovon eine - die Leer- oder Losscheibe - auf der Welle durchdreht, geschaffen: hierbei wird der Riemen zum Einkuppeln mittels eines Riemenschalters auf die an der Welle befestigte Festscheibe geschoben, zum Auskuppeln auf besagte Leerscheibe.
Generell war die Transmission, bevor Einzelantriebe zur Verfügung standen, eine wichtige Voraussetzung für maschinengetriebene, industrielle Bearbeitungs- und Fertigungsprozesse, da es seit ihrem Einsatz möglich wurde, die von einer zentralen Energiequelle zur Verfügung gestellte Energie auf mehrere (und sehr unterschiedliche) Maschinen zu verteilen.