Rekonstruktion eines merowingerzeitlichen Kriegers.
Die Merowingerzeit leitet ihren Namen von dem Königsgeschlecht der Merowinger ab, das von etwa 425 bis 750 n. Chr. über den germanischen Stamm der Franken herrschte. Salische Franken wurden nach ihren Einfällen in das römische Reich bereits 359 n. Chr. auf linksrheinischem Reichsgebiet in den Provinzen Germania II und Belgica II als wehrpflichtige Bauern (dedicitii) mit der Aufgabe, die römische Reichsgrenze militärisch zu schützen, angesiedelt. Ihre Könige wurden durch Rom als verbündete Foederaten anerkannt. Nach der endgültigen Beseitigung der römischen Herrschaftsreste in Gallien (486 n.Chr.) und der Vertreibung der Westgoten aus Südwest-Gallien (507 n. Chr.) konnte sich unter Chlodewig I. (482 - 511 n. Chr.) ein starkes fränkisches Reich auf gallischem Boden etablieren.
Sowohl der im 7. Jh. n. Chr. durch die königliche Verleihung von vererbbaren Privilegien entstandene Adel als auch die anderen Bevölkerungsschichten behielten trotz ihrer schrittweisen Christianisierung noch fast bis zum Ende des 7. Jh. n. Chr. ihre heidnisch geprägten Totenrituale und Bestattungsriten bei. Dies bedeutete eine Beisetzung in standesgemäßer Festtracht, also mit Schmuck und Waffen, Speisen und oftmals dem sogenannten Charonspfennig, der den Fährmann ins Jenseits bezahlen sollte. Die linksrheinischen Franken übernahmen um 500 n. Chr. von der gallo-römischen Bevölkerung die Körperbestattungssitte und legten Reihengräberfelder mit in West-Ost orientierten Grabgruben an. Anhand der Grabfunde kann durch Veränderungen in Tracht und Bewaffnung zwischen der Älteren Merowingerzeit (AM) mit den 3 Stufen AM I (450/80-520/30 n. Chr.), AM II (520/30-560/70 n. Chr.) und AM III (560/70-600 n. Chr.) und der Jüngeren Merowingerzeit (JM) mit den 3 Stufen JM I (600-630/40 n. Chr.), JM II (630/40-670/80 n. Chr. ) und JM III (670/80-720 n. Chr.) unterschieden werden. Ab dem letzten Drittel des 7. Jh. n. Chr. wurde auf Beigaben- und Trachtsitte verzichtet und die Reihengräberfelder aufgegeben - die christlichen Jenseitsvorstellungen hatten die heidnischen verdrängt.
Der Bliesgau wurde nach Auswertung der untersuchten Gräberfelder in zwei Siedlungsphasen von Franken besiedelt: Beginnend in der Älteren Merowingerzeit AM II (520/30-560/70 n. Chr.), setzte sich der Zuzug in AM III (560/70-600 n. Chr.) verstärkt fort (bspw. Altheim).
Der merowingische Krieger ist nach Originalfunden aus der Nekropole von Blieskastel-Altheim rekonstruiert worden.
Diese wurde in den Jahren 1974 - 1978 und 1985/6 durch das damalige Staatliche Konservatoramt und den Archäologischen Verein des Saarpfalz-Kreises in der Altheimer Flur "Am Knopp" ausgegraben, wobei 115 in West-Ost-Richtung (Köpfe im Westen) ausgerichtete, langrechteckige Gräber des Zeitraums von 570 bis 720 n. Chr. (Phase I - IV = AM III, JM I III) erschlossen wurden. Charakteristische Grabbeigaben der Männergräber waren Schwerter (zunächst leichte, dann schwere Breitsaxe mit verzierten Scheidennieten, dreiteilige, zunächst unverzierte, später mit Tierstilverzierung oder Silberplattierung mit Tierstil II-Dekor versehene Gürtelgarnituren sowie Lanzen mit geschlossener Tülle. Frauengräber enthielten Ohrringe, als Verschluss des Obergewandes dienende Scheibenfibeln mit Millefiorieinlagen, tauschierte Scheibenfibeln aus Eisen, Goldscheibenfibeln und/oder Gewandnadeln, sowie im Tierstil II verzierte Trachtbestandteile, dazu Perlenkolliers und einfache Gürtelschnallen - gelegentlich mit eisernen Messern und/oder Scheren. Beiden Geschlechtern wurde gelegentlich ein sogenannter Charonspfennig sowie, überwiegend im Fußbereich, ein einzelnes Tongefäß mitgegeben (Merowingerzeitliche Keramik mit Stempel- und Rollrädchendekor).
Der rekonstruierte stehende Krieger aus der 1. Hälfte des 7. Jh. n. Chr. ist mit seiner Waffenausrüstung (Grabbeigaben) dargestellt:
Die dreiteilige eiserne Gürtelgarnitur besteht neben dem Ledergürtel aus Beschläg/Schnalle, Gegen-und Rückenbeschläg, ist silbertauschiert und zeigt als Verzierung Zweibandflechten (Grab 111 von Altheim). Die Figur trägt an seiner linken Seite ein durch doppelte Aufhängung schräg am Leibgürtel befestigtes Schwertgehänge mit einem schweren Breitsax (einschneidiges Kurzschwert) in einer Leder-Scheide mit Mundblech und Ziernieten. Als zweite Waffe ist dem Krieger eine hölzerne Lanze (Wurfspeer) mit einer eisernen geschlossenen Tülle beigegeben. Hinzu kommt ein Holzschild mit eisernem Schildbuckel, welcher die Handhabe schützt.