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Augenarztstempel

Römermuseum Schwarzenacker


Herstellung: ca. 250-275 n. Chr. (mittlere römische Kaiserzeit)
in: Schwarzenacker

Merkmale

Inventarnummer:
2008RMS0549
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Augenarztstempel
Material:
Speckstein (Augenarztstempel)
Wachs (Abdruck)
Glas (Befestigung Wachs)
Technik:
geschliffen
geschnitten (Inschrift)
Maße:
Gesamt: H: 1,6 cm (Augenarzstempel), B: 4,3 cm (Augenarzstempel), Gewicht: 82,9 gr (Augenarzstempel), L: 5,4 cm (Augenarzstempel), B: 15 cm (Glasplatte), T: 0,5 cm (Glasplatte), B: 7,2 cm (Wachs), T: 0,5 cm (Wachs), L: 13 cm (Wachs)

Beschreibung

Kissenförmiger Augenarztstempel; schwarzgrauer Speckstein. An den Längsseiten befindet sich jeweils eine Inschrift in Spiegelbildschrift:

Inschrift Seite 1: SEX[TII] AIACI[I] LAVNI STAC / TV[M] CHAILIDONIVM (Augenarznei des Sextus Ajacius Launus aus Schellkraut).

Inschrift Seite 2: SEX[TII] AICAI[I] LAVNI DI/AMISVS AD DIATH[ESIS] (Gegen die Krankheit Diathesis wirksame Arznei des Sextus Ajacius Launus).

Dazu rotbraunes Wachskissen mit vier Stempelabdrücken der zwei beschrifteten Seiten des Augenarztstempels, auf Glasplatte aufgeklebt.

Solche Augenarztstempel, nach der Augenarznei "coryllium" auch Collyrienstempel genannt, wurden in Gallien, in Britannien und entlang des Rheins gefunden, in Italien sind sie dagegen nahezu unbekannt. Insgesamt sind etwa 270 Exemplare überliefert. Die Verbreitung der Exemplare zeigt, dass das Stempeln der Augenpaste ein speziell in Gallien verbreiteter Brauch war. Der Name Launus ist tatsächlich keltischen Ursprungs. Die nächsten Funde zu Schwarzenacker sind vom Herapel bei St. Avold sowie aus Metz, Trier, Frankenthal und Worms bekannt.

Die Stempel dienten dazu, die Augenpaste zu kennzeichnen. Der Augenarzt drückte in das plastisch verformbare Stäbchen der Arznei seinen eigenen Namen, den der Krankheit und den der Arznei. Die Arzneipaste wurde bei der Anwendung mit Wasser verflüssigt und auf die Augen geträufelt.

Spätestens seit der Antike ist die Heilkraft des Schellkrautes bekannt. Im Altertum galt es als eines der wichtigsten Heilmittel. Der griechische Arzt Dioscurides und der römische Naturforscher Plinius empfahlen Schellkraut bei Lebererkrankungen, Gelbsucht, Rheuma und Gicht. Nicht weniger erfolgreich wurde und wird es bei Abszessen, Akne, Allergien, Arteriosklerose, Asthma, Augenkrankheit, Hautkrankheiten, Hühneraugen, Krampfhusten, Milzerkrankungen, bei Magen- und Darmbeschwerden, Nervenschmerzen, Schuppenflechte, Sommersprossen, Verstopfung und Warzen angewendet.

Literatur

Ellerhorst, Bernd / Gerhard W. Cibis: Roman ophthalmology. A glimpse of our distant past (= Survey of Ophthalmology, 30, 4), New York, 1986, S. 263-266
Kolling, Alfons: Funde aus der Römerstadt Schwarzenacker und ihrer nahen Umgebung. Bilder und Texte, Homburg, 1971, S. 65f., Abb. Tafel 100
Kolling, Alfons: Die Römerstadt in Homburg-Schwarzenacker, Homburg-Saarpfalz, 1993, S. 88f., Abb. Tafel 99-100
Ehrich, Wulf: Zum römischen Kollyrienstempel von Schwarzenacker (= Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde, 161), 1972, S. 356-360
Esser, Alexander Albert M.: Über die antiken Augenarztstempel, signacula medicorum oculariorum (= Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde, 131,4), 1957, S. 548-558
Franke, Peter Robert: Vom Ansehen des Augenarztes in der Antike. Capitolinus und seine Freunde (= Ein Beitrag des Saar-Pfalz-Gymnasiums Homburg zum Jubiläum 2000 Jahre Römerstadt Homburg)
Künzl, Ernst: Medizinische Instrumente aus Trier und Umgebung im Rheinischen Landesmuseum Trier (= Trierer Zeitschrift, 47), Trier, 1984, S. 153-237