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Uhrenkasten des ehemaligen "Ottweiler Wehrturms" (Bergfried)

Museum Handwerkerhof


Herstellung: 19. Jh. (Uhrenkasten)
von: Philippi, Horst als Hersteller
in: Ottweiler

Merkmale

Inventarnummer:
2017HWO0117
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Uhrenkasten des ehemaligen "Ottweiler Wehrturms" (Bergfried)
weitere Objektbezeichnung:
Hölzerner Eckort mit Ausschmückungen (Orgelpfeifen)
Maße:
Gesamt: B: 229 cm, T: 114 cm, H: 220 cm (mit Ausschmückungen)

Beschreibung

Uhrenkasten des ehemaligen "Ottweiler Wehrturms" (Bergfried mit Turmhelm und hölzernen Eckorten) mit Ausschmückungen (Orgelpfeifen)

Bei dem vorliegenden Exponat handelt es sich um den originalen Uhrenkasten der Uhr, die in einem der vier originalen, hölzernen Eckorte des Turmhelms des sog. "Ottweiler Wehrturms" untergebracht war.

Zum "Wehrturm" und seiner Dachkonstruktion:
Bis zu einer dendrochronologischen Untersuchung im Jahr 2006 ging man davon aus, dass der insgesamt 48 m hohe Turm als Wehrturm der Stadtbefestigung um 1550 erbaut wurde. Das bauhistorische Gutachten ergab jedoch, dass der Rundturm ca. 1410-1422 erbaut wurde. Aufgrund von baukundlich-architektonischen Vergleichen mit anderen Türmen der Zeit - es existiert beispielsweise ein typischer Hocheingang als ehemals einziger Zugang zum Turm - geht man heute davon aus, dass er ursprünglich als Bergfried einer namentlich und urkundlich unbekannten Burg errichtet worden war. Diese postulierte zweite Ottweiler Burg ist nicht zu verwechseln mit der kleinen Wasserburg, die als einflügliges, Turm- und Ringmauer-loses 'Festes Haus' bzw. als kleine Burg des Typus 'befestigter Palas' im Jahre 1180 - als Vorgängerbau und anstelle des späteren Renaissance-Schlosses - von den Grafen von Saarbrücken zum Schutze des Klosters Neumünster nahe des Flusses Blies errichtet worden war. Wohl erst im 16. Jh. wurde der Turm als Teil der Stadtbefestigung genutzt und nahm deren landschaftlich höchsten - und wehrstrategisch wichtigsten - Punkt ein. Der zumeist immer noch als "alter Wehrturm" bezeichnete Turm ist das Wahrzeichen der Stadt Ottweiler. Der über dem mehr als 28 m hohen Rundturm aufragende Turmhelm stammt aus einer Zeit vor dem Jahre 1563 (zu sehen auf einer zeitgenössischen Zeichnung des 'Commissarius Ludwig Stahel') - evtl. bereits aus der Zeit der Erbauung (1422, nach dendrochronologischer Untersuchung). Damit wäre er die älteste Holzkonstruktion im Saarland. Die Turmeindeckung wurde nachweislich 1753, um 1900 und zuletzt 2000/08 erneuert. Bei der jüngsten Erneuerung des Dachstuhls wurden sämtliche alten Teile ausgetauscht und einige museal verwahrt - so auch der vorliegende Uhrenkasten. Die Dachkonstruktion des insgesamt 21 m hohe alte Turmhelm bestand aus einem spitzen, 16-eckigen und 13,50 m hohen Kegeldach mit vier ca. 70 cm in Richtung der vier Himmelsrichtungen hervorkragenden Eckorten ('Wichhäuschen'/Ortstürmchchen), einer 8-eckige Laterne und einem abschließenden 4,15 m hohen sowie ebenfalls 8-eckigen, unten abgewalmten Spitzdach. Der Turm wurde seit dem 18. Jahrhundert als Glockenturm genutzt - das heutige Glockenspiel stammt aus dem Jahre 1954.

Zum Uhrenkasten:
Der erläuternde Schau-Text "zur Vorgeschichte dieses Exponats" lautet folgendermaßen:
"Im Jahr 1922 wurde die Turmuhr des Herstellers J.F. Weule aus Bockenem im damaligen Wehr- und Kirchturm installiert und in den hier ausgestellten Uhrenkasten eingebaut. Im Jahr 2000 nahm die Ottweiler Kirchengemeinde, als Eigentümer des damaligen Wehr- und Kirchturms, auf Anregung der Arbeitsgruppe Denkmalschutz, das längst überfällige Sanierungsprogramm in Angriff. Die Arbeitsgruppe bot, neben anderen gezielten Aktionen, an, diese Turmuhr in Zusammenarbeit mit Prof. Deutschle, dem Leiter des deutschen Turmuhrenmuseums in Rockenhausen, mit Hilfe von vorhandenen Sponsoren zu restaurieren. Da diese Turmuhr genau über der Einstiegsöffnung zum sog. Kerker stand, war es unumgänglich, sie zur Vorbereitung der beabsichtigten Sanierung des Turmes von dieser Stelle zu entfernen. Der hier ausgestellte Uhrenkasten wurde von der Arbeitsgruppe Denkmalschutz als erste Maßnahme demontiert und in seine Einzelteile zerlegt. Der Transport zur Restaurierungswerkstatt von Horst Philippi über das vorhandene Treppenhaus war aus Platzgründen nicht möglich. Also mussten die Einzelteile über die vorhandene Fensteröffnung, dem teilweise zu gemauerten früheren Hocheingang des Ottweiler Bergfrieds, mühselig abgeseilt werden. Horst Philippi hat den Uhrenkasten mustergültig restauriert und ihm bewusst seine Patina gelassen und sogar noch ergänzt. Da die evangelische Kirchengemeinde das Angebot der Arbeitsgruppe, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, schließlich doch nicht annahm, und lediglich an den Sponsoren der AGD interessiert war, stand der Uhrenkasten in Einzelteile zerlegt bisher in der Schreinerei von Horst Philippi. Es wurde auch damit indirekt die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Turmuhrenmuseum abgelehnt. Heute wird er zum ersten Mal, leider als leeres Gehäuse aber mit kleinen Bilddokumentation verbunden, der Öffentlichkeit vorgestellt."

Der historische, schrankartige, hölzerne Uhrenkasten mit seiner zweiflügeligen Tür (mit zwei hölzernen Kreuzstockfenstern mit je vier Glasscheiben) wurde durch Herrn Philippi durch moderne Anfügungen künstlerisch ergänzt und dadurch in neuer Weise präsentiert. Zu diesen Ergänzungen zählen die an den beiden Seitenwänden angebrachten metallenen Orgelpfeifen, welche den grundlegenden, sakralen Kontext des Rundturms als späterer Kirchturm der evangelischen Kirche anschaulich machen, die zwei auf der Deckplatte je an den beiden vorderen Enden aufgesetzten, silbern glänzenden Spitzen mit Kugeln, die auf die metallenen Spitzen mit Turmkugeln verweisen, welche das Spitzdach und die vier Eckorte des Turms als bekrönende Abschlüsse zieren, und ein hölzernes Stück des ursprünglichen Dachstuhls aus der Zeit von vor der Restaurierung. Die hölzernen Einzelteile des Kastens wurden zwar restauriert, die Alterungsspuren des Materials und diverse Buchstabeneinritzungen ehemaliger Turmbesucher jedoch bewusst belassenen.
Seit dem Jahr 2017 birgt der Kasten wieder eine von Horst Philippi eingebaute Uhr, die jedoch aus einem anderen Kontext stammt.