Drehbank/-maschine.
Bei der vorliegenden Maschine handelt es sich um eine Leit- und Zugspindeldrehmaschine unbekannter Herkunft aus dem Jahr 1898, welche lange in der feinmechanischen Werkstatt in der Fellenbergmühle betrieben wurde und bis heute noch voll funktionstüchtig ist. Sie hat bei einer Höhe von 1,20 m eine Breite von ca. 2 m.
Allgemeines zum Arbeitsgang des Drehens:
Das Drehen ist gemeinsam mit dem Bohren, Fräsen und Schleifen eines der wichtigsten Fertigungsverfahren der Zerspantechnik. Dabei werden von einem Werkstück Späne abgetrennt, um die gewünschte Form zu erzeugen: das eingespannte Werkstück rotiert beim Drehen um seine eigene Achse, während das einschneidige Werkzeug die zu erzeugende Kontur abfährt. Das Werkstück wird als Drehteil und das Werkzeug als Drehmeißel bezeichnet.
Zum vorliegenden Exponat:
Die vorliegende Drehmaschine besitzt über einem vierbeinigen Gestell ein waagerecht gelagertes Maschinenbett (Schwalbenschwanzbett), welches als Führung des Supports dient. Dieser setzt sich aus einem längsfahrenden, mittels Handkurbel verstellbaren Werkzeugschlitten (Oberschlitten) und einem darauf angebrachten, ebenfalls verstellbaren Querschlitten mit einem Werkzeughalter, in den das zur Bearbeitung ausgewähltes Werkzeug eingespannt wurde, zusammen. Die Drehbank besteht des Weiteren aus einem Spindelstock mit 3-Backen-Futter zum Spannen der zu drehenden Teile (linke Seite) und einem Reitstock mit Fuß, Klemme sowie einer Pinole, welcher eingespannte Werkstücke (lange Drehteile) auf der Gegenseite hielt bzw. mittels einer Zentrierspitze abstützte (rechte Seite). Der Spindelkopf weist seinerseits eine dreistufige Antriebsscheibe für die Aufnahme des Transmissionsriemens auf (ursprüngliche Antriebsart). Der Support konnte mittels eines verstellbaren Vorgeleges (Zahnräder), welches die Geschwindigkeit des Vorschubes regelte, und einer Zugspindel mit automatischem Längenvorschub arbeiten.
Die vorgestellte Drehbank ähnelt sehr den Maschinen mit den Inv.-Nrn. 2017FMF0015 und 0033.
Zu Drehbänken/-maschinen im Allgemeinen:
Eine Drehmaschine/-bank ist eine Werkzeugmaschine zur Herstellung von meist rotationssymmetrischen Werkstücken (Drehteilen) durch das Fertigungsverfahren Drehen.
Auf der Drehmaschine können verschiedenste Rotationskörper (von einfachen zylindrischen Drehteilen bis hin zu komplexeren Formen wie Kegel- oder Kugelflächen, welche mittels Zusatzeinrichtungen auch von der Drehsymmetrie abweichen können) hergestellt werden. Das eingespannte Werkstück (Drehteil) führt durch Rotation die Schnittbewegung aus (es rotiert beim Drehen um seine eigene Achse). Das bearbeitende, einschneidige Werkzeug, der Drehmeißel, ist fest auf den Werkzeugschlitten gespannt, führt mit ihm die Vorschubbewegung aus und nimmt dabei kontinuierlich Späne ab, indem der Schlitten längs oder quer zur Rotationsachse des Werkstücks entlang der zu bearbeitenden Fläche bewegt wird. Drehmaschinen gibt es in zahlreichen verschiedenen Bauformen und mit jedem möglichen Automatisierungsgrad - gleich bleiben jedoch die Hauptkomponenten: das Gestell, der Antrieb, die Führungen und die Steuerung.
Vorgänger der Drehmaschinen ist die Drehbank (seit der Antike nachweißbar) - der Wandel von der Drehbank zur Drehmaschine vollzog sich in der Wende zum 18. Jahrhundert mit der Einführung des Werkzeugschlittens und dem Einsatz einer Zug- und einer Leitspindel sowie der vollständig aus Metall gefertigten Drehmaschine. Mit der Leitspindel wurde das Werkzeug zwangsgeführt, und die Qualität der Drehteile hing nicht mehr so stark von dem Geschick des Drehers ab. Drehmaschinen leisteten einen entscheidenden Beitrag zur industriellen Revolution, denn viele Bauteile für Dampf-und Webmaschinen und viele weitere konnten wirtschaftlich nur durch Drehen hergestellt werden. Typische durch Drehen hergestellte Bauteile sind Achsen, Wellen, Schrauben, Spindeln und Bolzen. Die Bezeichnung Drehmaschine wurde erst ab etwa 1950 im Sprachgebrauch üblich. Obwohl sie sich in der Fachliteratur inzwischen vollständig durchgesetzt hat, bevorzugen viele Fachleute mündlich noch immer den Begriff Drehbank.
Allgemeiner Aufbau:
Die Drehmaschine wurde im Laufe ihrer Geschichte an viele spezielle Anwendungen angepasst. So steht eine breite Auswahl an verschiedenen Modellen zur Verfügung, die sich aber im grundsätzlichen Aufbau ähneln: die Hauptkomponenten sind das Gestell und das Maschinenbett, an denen die übrigen Teile angebracht sind, der Spindelstock, der die Arbeitsspindel enthält, der Hauptantrieb für die Spindel und der Werkzeugschlitten. Hinzu kommen noch einige Zusatzeinrichtungen.
Das Gestell ist entweder eine geschweißte Stahlkonstruktion oder aus Gusseisen gefertigt. Es trägt das Gewicht aller Bauteile, fängt die Kräfte aus dem Bearbeitungsprozess ab und muss dementsprechend stark und verwindungssteif konstruiert sein und eine gute Dämpfung besitzen, um Schwingungen innerhalb der Maschine zuverlässig abbauen zu können. Das waagerechte Maschinenbett liegt an beiden Enden auf dem Gestell auf und trägt Werkzeugschlitten, Reitstock und Lünette. Da sich bei Drehmaschinen die Schneide ständig im Eingriff befindet, werden Maschinenteile zum Schwingen angeregt, weswegen auch das Bett in der Regel aus schwingungsdämpfendem Gusseisen besteht. Bei kleineren Maschinen bestehen Bett und Gestell aus einem Stück. Zur Verbesserung der Arbeitsleistung wird das gesamte Bett zur besseren Spanabfuhr oft auch geneigt (Schrägbett).
Der Spindelstock liegt beinahe bei jeder Maschine auf der linken Seite. In vorgespannten und einstellbaren Wälzlagern wird dort die Arbeitsspindel geführt, welche oftmals als Hohlwelle ausgeführt ist, da dies eine Versorgung des Spannfutters mit Stangenmaterial ermöglicht. Die Drehmomentübertragung von der Hauptspindel auf das Werkstück erfolgt über verschiedene Spannmittel, wie Spannfutter, Spannzange, Planscheibe und andere.
Hand- und transmissionsbetriebene Universaldrehmaschinen verfügen noch über ein Vorschubgetriebe, das Kraft von der Arbeitsspindel ableitet und über Wechselräder und Vorschubgetriebe an Leit- und Zugspindel überträgt. Diese Getriebe übertragen die Bewegung auf die Schlitten, wobei verschiedene Vorschubgeschwindigkeiten möglich sind. Dem Werkzeugschlitten sind die Achsen in Längs- und Querrichtung (Z- und X-Achse) zugeordnet.
Auf dem Bett verfährt in Längsrichtung der oftmals als Kreuzsupport ausgeführte Werkzeugschlitten, auf dem der Planschlitten quer zur Drehachse verfährt. Als Werkzeugträger befindet sich bei der handbedienten Leit- und Zugspindeldrehmaschine oben auf dem Oberschlitten ein Werkzeughalter (oft als Schnellwechselhalter für wirtschaftlichen Werkzeugwechsel ausgeführt).
Der Reitstock dient zum Abstützen langer Drehteile mittels einer Zentrierspitze, die in die stirnseitig in das Werkstück eingebrachte Zentrierbohrung eingreift. Konventionelle Maschinen verfügen über eine Pinole im Reitstock (mit Aufnahme für Bohrfutter), welche mit einem Handrad parallel zum Bett herausgedreht werden kann.
Oftmals besitzen Drehmaschinen eine Lünette - damit können lange, dünne Drehteile mittels Gleit- oder Wälzlager abgestützt werden. Sie verhindert ein Schwingen und Durchbiegen des Werkstücks aufgrund des Eigengewichts und der Bearbeitungskräfte (Rotations-/Zentrifugalkraft).
Die am häufigsten eingesetzte Maschine ist die handbediente Leit- und Zugspindeldrehmaschine, welche die Grundform der Universaldrehmaschine bildet. Auf ihr lassen sich fast alle Drehverfahren anwenden. Sie ist immer als Waagerechtdrehmaschine mit linksseitiger Spindel und rechtsseitigem Reitstock ausgelegt. Ihre Vorschübe können sowohl manuell als auch maschinell über Zug- und Leitspindel betätigt werden.
Zur Antriebsart mittels Transmission:
Die Transmission ist ein in der Regel historisches Riemengetriebe der frühen Industrialisierung und gehört zu den Zugmitteltrieben. Im feinmechanischen Museum Fellenbergmühle ist sie vorzüglich erhalten und bis in die Gegenwart in Funktion. Wichtiger Bestandteil dieser Antriebsart ist der Treibriemen (Transmissionsriemen).
Zur Übertragung der erzeugten Kraft - seit dem Jahre 1929 ersetzt in der Fellenbergmühle eine Turbine das zuvor verwendete Mühlrad - dienen bis heute Wellen aus Stahl und Riemenscheiben aus Gusseisen, welche über Flachriemen (Transmissionsriemen aus Leder) verbunden sind. Wie allgemein üblich, wird die Transmission durch an der Werkstattdecke verlaufende Wellen gewährleistet, die durch den gesamten Betrieb und zwei Geschosse geführt sind. So können die erforderlichen Kräfte über längere Wege, mit vergleichsweise geringem Materialeinsatz weitergeleit werden. An den Stellen, an denen eine (fest installierte) Maschine anzutreiben ist, wird mit einer Riemenscheibe ein Riemen zu dieser Maschine herunter geführt.
Im Gegensatz zu einer einfachen, festen Wasserradwelle zur Maschine (mit Steuerung allein über die Wasserzufuhr) kann mittels Turbine und Transmission die Antriebsmaschine stets bei optimalem Wirkungsgrad laufen, und jeder Abnehmer seine Drehzahl individuell einstellen. Der Einsatz von gestuften (kaskadierten) Riemenscheiben, also Scheiben verschiedener Durchmesser direkt nebeneinander, erlaubt die Einstellung verschiedener Drehzahlen an dem jeweils angetriebenen Gerät. Eine einfache Art einer Kupplung wird durch eine Anordnung von zwei gleichen Riemenscheiben nebeneinander, wovon eine - die Leer- oder Losscheibe - auf der Welle durchdreht, geschaffen: hierbei wird der Riemen zum Einkuppeln mittels eines Riemenschalters auf die an der Welle befestigte Festscheibe geschoben, zum Auskuppeln auf besagte Leerscheibe.
Generell war die Transmission, bevor Einzelantriebe zur Verfügung standen, eine wichtige Voraussetzung für maschinengetriebene, industrielle Bearbeitungs- und Fertigungsprozesse, da es seit ihrem Einsatz möglich wurde, die von einer zentralen Energiequelle zur Verfügung gestellte Energie auf mehrere (und sehr unterschiedliche) Maschinen zu verteilen.