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Bandoneon in Transportkoffer

Museum Handwerkerhof


Herstellung: von bis
von: Carlsfeld als Hersteller
in: Ottweiler

Merkmale

Inventarnummer:
2017HWO0107
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Bandoneon in Transportkoffer
weitere Objektbezeichnung:
"Bandonion"
Sachgruppe:
Maße:
Gesamt: B: 45 cm, T: 28 cm, H: 23,5 cm (in geschlossenem Kasten)

Beschreibung

Bandoneon in Transportkoffer

Bei dem vorliegenden Exponat handelt es sich um ein Bandoneon der Firma und eingetragenen Schutzmarke "ELA" ("Ernst Louis Arnold ?? Fabrik feiner Bandonions, Concertinas und Symphonettos"), welches vermutlich zwischen etwa 1890 und 1910 in Carlsfeld im Erzgebirge hergestellt wurde. Ein Bandoneon ist ein Handzuginstrument, ähnlich dem Akkordeon (Beschreibung vgl. unten). Das Instrument ist noch mit seinem 45 X 28 X 23,5 cm messenden, mit einem Schnappschloss verschließbaren Originalklappkoffer aus Holz, Leder und Papierbeschlag ausgestattet. Zum Exponat gehört auch ein im Leipziger Oskar Seifert-Verlag erschienenes Notenheft mit dem Titel "Volkstümliche Akkordeon Schule für Piano-Akkordeon und Chromat. Knopfgriff-Harmonika von Gustav Kanter Band I."

Allgemein zum Bandoneon:
Das Musikinstrument Bandoneon (ursprünglich Bandonion), ist ein vom Krefelder Musiklehrer Heinrich Band konstruiertes Handzuginstrument, das aus der Konzertina entwickelt worden ist. Die Bauform des Bandoneons ist als erstes bei dem Chemnitzer Instrumentenbauer Carl Friedrich Uhlig (1789 - 1874) belegt. Dieser begann um 1834 zunächst 20-tönige, später 40-tönige und größere Konzertinas herzustellen. Das Tastatursystem des Bandoneons ist eine Erweiterung und Abwandlung dieses Systems durch Heinrich Band. Dieser baute zuerst 64-tönige, später 88-tönige Instrumente, die auf der rechten Seite 23 und auf der linken 21 Tasten besaßen. Etwa zur gleichen Zeit (1843) konstruierte C. F. Zimmermann in Carlsfeld die "Union-Harmonika", die im Prinzip dem Bandoneon sehr gleicht. Im Jahr 1846 entwickelte Band ein 100-töniges Instrument. Heinrich Band nannte seine neuen Instrumente "Bandonion", wobei er sich wahrscheinlich bei der Namensfindung am kommerziellen Erfolg des 1829 in Wien entwickelten Accordions orientierte. Er verkaufte seine Instrumente anfangs ausschließlich in seinem Krefelder Musikaliengeschäft. Das Bandoneon wurde jedoch sehr schnell über die Stadtgrenzen hinaus in ganz Deutschland bekannt und geschätzt. Schließlich verbesserte Band den Tonumfang von 100 auf 112, dann auf 128 und zuletzt auf 130 Töne. 1924 wurde vom Deutschen Konzertina- und Bandoneon-Bund ein sogenanntes "Einheitsbandoneon" mit 72 Tasten und 144 Tönen festgelegt. Um 1900 entstanden in Deutschland innerhalb der Arbeiterbewegung viele Bandoneon-Vereine. Noch in den 1930er Jahren gehörte das Bandoneon zum Grundinstrumentarium nahezu aller Tanz- und Unterhaltungskapellen - nach 1950 gab es erneut sehr viele Bandoneon-Vereine, in denen hauptsächlich im vierstimmigen Satz zusammen gespielt wurde. In Europa und Deutschland wurde das Bandoneon allerdings im Folgenden allmählich durch das einfacher zu spielend Akkordeon verdrängt. In Südamerika ist das Instrument für das Spielen des Tango seit dem frühen 19. Jh. und bis heute sehr beliebt und weitverbreitet.
Das Gehäuse des Bandoneons hat einen quadratischen Querschnitt - zwischen zwei Stirnstücken ist ein Balg aus Balgkarton in Holzrahmen (Erlen- oder Ahornholz) und Ziegenleder montiert. Durch Aufziehen und Zusammendrücken des Balges entsteht in seinem Inneren abwechselnd ein Unter- oder Überdruck. Durch das Drücken von Knöpfen an den beiden Stirnseiten mit den Fingern werden für einzelne Töne die jeweiligen Ventile geöffnet, so dass die dann durchströmende Luft auf sogenannten Stimmstöcken angeordnete Metallzungen verschiedener Tonhöhen zum Schwingen bringt. Da pro Ton zumeist zwei Zungen (zwei-chörig) schwingen, bringt das Instrument eine Oktavverdopplung mit klangvollen, sanften aber auch scharfen, brillanten Tönen hervor. Im Unterschied zum Akkordeon besitzt das Bandoneon keine mechanisch voreingestellten Akkorde, sondern wie das Klavier nur Einzeltöne. Insgesamt kann über fast fünf Oktaven gespielt werden. Man unterscheidet zwei Arten von Bandoneons: Beim wechseltönigen Bandoneon sind die meisten Tasten wechseltönig, welche bei Druck und Zug des Balges einen unterschiedlichen Ton erzeugen. Beim gleichtönigen Bandoneon erklingt dagegen der gleiche Ton bei Druck- und Zugspiel, womit die Anzahl verschiedener Töne auf einer Seite des Instrumentes ungefähr der Anzahl der Tasten dieser Seite entspricht.

Zur Herstellerfirma "Ernst Louis Arnold":
Ernst Louis Arnold übernahm im Jahr 1864 eine von Carl Friedrich Zimmermann 1847 in Carlsfeld, einem Ort im Erzgebirge, gegründete Harmonika-Fabrik, welche die bereits 1843 entwickelte "Union-Harmonika" in Serie herstellte. Er war dort zuvor Werkmeister gewesen. Seine neue Firma nannte er nach den Anfangsbuchstaben seines Namens "ELA" - er produzierte im Folgenden Konzertinas, Bandoneons und Symphonettas. Am berühmtesten sind jedoch die Bandoneons aus der 1911 gegründeten, aber nicht mehr existierenden Firma von Alfred Arnold, seinem Sohn. Von Carlsfeld aus wurden bis ca. 1945 ungefähr 30.000 Bandoneones nach Argentinien und Uruguay exportiert - seit dem Jahr 1929 unter dem Label "AA". Die Bandoneon-Produktion dieser Fabrik endete um 1948 (Enteignung der Firma in der DDR). Arno Arnold, ein Neffe des Gründers Alfred Arnold, produzierte in der Bundesrepublik noch einige Jahre lang Bandoneons, die aber nicht mehr die Qualität der ursprünglichen Instrumente erreichten.