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Mechanische Nähmaschine mit Nähmaschinenschrank

Museum Handwerkerhof


Herstellung: von bis
in: Ottweiler

Merkmale

Inventarnummer:
2017HWO0145
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Mechanische Nähmaschine mit Nähmaschinenschrank
weitere Objektbezeichnung:
"Original Victoria"
Sachgruppe:
Schneider (Arbeitsgeräte)
Signatur:

nummeriert

Material:
Maße:
Gesamt: B: 116 cm (mit ausgeklapptem Tischbrett), T: 44 cm, H: 99 cm (mit unversenkter Maschine)

Beschreibung

Mechanische Nähmaschine ("Original Victoria") in Nähmaschinenschrank

Zum vorliegenden Exponat:
Bei dem vorliegenden Exponat handelt es sich um eine mechanische Nähmaschine der Firma "Mundlos & Co", Modell "Mundlos 100 - Original Victoria".

Zu Nähmaschinen allgemein:
Die Nähmaschine dient zur mechanischen Herstellung einer Naht innerhalb eines Gewebes - hierzu werden ein oder mehrere Fäden (Nähgarn) durch Nähen miteinander verknüpft, wobei der sogenannte Oberfaden zuvor mit einer Nadel durch das Gewebe/Nähgut geschoben wird. Ein Greifer übernimmt danach einen Teil des zunächst an der Nadel anliegenden Oberfadens; dieser muss dem Greifer zuvor zugänglich gemacht werden. Das erfolgt meist durch den Schlingenhub, eine Nadelbewegung, die nach dem unteren Totpunkt der Nadel in Richtung Ausstich erfolgt und den Faden von der Nadel löst. Um die folgende Verschlingung zu bewerkstelligen, gibt es - gemäß der verschiedenen technischen Möglichkeiten - mehrere Maschinentypen, etwa die Doppelsteppstichmaschine, die Kettenstichmaschine oder die Überwendlichmaschine. Es gibt weitere Unterscheidungen nach den unterschiedlichen Typen. Die Grundform der Nähmaschine ist die rechtsständige Flachbettnähmaschine. Für besondere Arbeitsgänge sind entsprechende Nähmaschinenformen entwickelt worden, die wie folgt zu unterscheiden sind: Flachbett-, Sockel-, Säulen-, Freiarm- und Blocknähmaschine. Es wurden auch vereinzelt linksständige Nähmaschinen gebaut, und die Armmaschine unterteilt sich in Freiarm-, Armabwärts- und Armaufwärtsnähend. Die Säulenmaschine gibt es in mehreren Säulenhöhen und -konstruktionen sowie mit drehbarer Kurbelsäule in verschiedenen Ausführungen. Zunächst mechanisch mittels einer Handkurbel oder durch ein Fußpedal angetrieben (industriell auch mittels Transmission), gab es seit 1890 auch elektrische Nähmaschinen. Die meisten Industrienähmaschinen wurden und werden mit einem vierbeinigen Eisengestell und einer darauf befestigten Tischplatte zu einer auf dem Fußboden stehenden transportablen Näheinheit montiert. Der elektrische Antriebsmotor befindet sich dabei oft unter der Tischplatte, die Kraftübertragung erfolgt dann - wie beim mechanischen Fußantrieb - über Keilriemen. Nach mehreren Vorläufern entstanden die ersten arbeitsfähigen Nähmaschinen Ende des 18. Jhds. in England (Kettenstichmaschine für Leder von Thomas Saint) und ab 1800 in Deutschland - der erste Nähmaschinenfabrikant der Welt war der Franzose Barthélemy Thimonnier, der das1830 patentierte Nähmaschinengrundmodell "Couseuse" in Paris in Serie produzieren ließ. Obwohl der US-Amerikaner Elias Howe bis 1846 die Doppelsteppstichnähmaschine erfunden hatte, produzierte erst die Firma Singer ab 1851 diese Maschinen serienmäßig.

Zur Firma "Mundlos":
1863 gründete Heinrich Mundlos zusammen mit Hermann Schulz in Magdeburg die Nähmaschinenfabrik "Mundlos & Schulz", welche sich technisch zunächst am System der Singer-Nähmaschinen, später an dem des Briten Elias Howe orientierte. Nach dem Ausscheiden des Mitbegründers (1874) trat im Jahr 1876 der neue Partner Rudolf Arendt in die Firma - in Folgenden "Heinrich Mundlos & Co., Magdeburg-Neustadt" benannt - ein. Sechs Jahre später brachten sie die erste von Mundlos selbst konstruierte Nähmaschine (Bogenlangschiff-Maschine) unter dem Markennamen "Victoria" auf den Markt und verhalfen aufgrund der Leichtgängigkeit der Maschine dem Unternehmen zu großem internationalen Erfolg. Neben Nähmaschinen aller Größen wurden auch Wring- und Waschmaschinen in Europa und bis nach Russland vertrieben. Bis zum Anfang der 1890er-Jahre war das Sortiment auf fünf Nähmaschinengrößen - von Handmaschinen bis zu schweren Schneidermaschinen - erweitert worden, 1896 wurde der Name "Original Victoria" patentrechtlich geschützt. 1901 wurde die erste Ringschiffmaschine entwickelt, die eine ergiebigere Spulengröße ermöglichte, und das Produktionsprogramm umfasste elf verschiedene Modelle. Im Jahr 1910 kam der patentrechtlich geschützte "Schnellläufer" hinzu. Weitere Erfindungen wie Versenkmaschinen, eine CB- Greifermaschine mit Ober- und Untertransport sowie Gelenkfadenhebel, eine halbautomatische Lochstickmaschine und eine Knopflochnähmaschine in den folgenden Jahren konnten die Position des weltweit exportierenden Unternehmens weiter stärken. Zwei Jahre nach dem Tod von Arendt (1918), wandelte Mundlos die Firma in eine Aktiengesellschaft um. 1925 wurde als Weltneuheit die Schnellnäh-Zickzackmaschine vorgestellt, welche sich schnell als Heimnähmaschine Privathaushalte durchsetzte, 1927 die erste elektrisch angetriebene Gewerbenähmaschine. Die Vorreiterrolle in der Nähmaschinenentwicklung hielt mit der tragbaren Schnellnähmaschine aus Leichtmetallguß (1929), der Maschine mit waagerecht liegendem Umlaufgreifer (1931) und der Entwicklung der ersten Universal-Zickzacknähmaschine (1931) an. Im Zweiten Weltkrieg wurde auch die "Mundlos AG" zur Lieferung rüstungswichtiger Elemente aus dem Bereich der Holz- und Metallverarbeitung verpflichtet. Im Januar 1945 fielen die Fabrikanlagen einem Bombenangriff zum Opfer - was erhalten geblieben war, wurde als Reparationsleistung in die Sowjetunion transportiert.

Zur vorliegenden Maschine:
Die "Original-Victoria" - "Mundlos 100" ist eine Flachbett-Geradstichnähmaschine mit Bogenlangschiff, die während des Zeitraums von etwa 1888 bis 1905 von der Firma "Heinrich Mundlos & Co." in Magdeburg hergestellt wurde. Das Modell arbeitete mit Flachkolbennadeln des Systems "130/705 H" und ist mechanisch mittels Handrad und Fußpedal zu betreiben. Das Bogenschiffchen wird nicht wie bei anderen Schwingschiffmaschinen von einer Schaukelwelle über einen Exenter an der Armwelle angetrieben, sondern mit einer Königswelle mit Kegelradgetriebe von der Armwelle abgeleitet. Die Schwingbewegung wird unter der Grundplatte von einem Kurbelzapfen auf einer kleinen Schwungscheibe durch ein Gelenk erzeugt, welches die kreisförmige Bewegung der Königswelle in eine schwingende des Schiffchenarms umformt. Dieser relativ lange Schwenkarm erzeugt einen sehr flachen Bogen. Die waagerechte Transporteurbewegung wird durch eine für den Rückwärtslauf umkehrbar verstellbare Exentergabe von der Armwelle auf eine Kippehebelwelle unter der Grundplatte angetrieben. Der Hub des Transporteures erfolgt über eine zweite Kipphebelwelle mit Schrägführung eines Nockens am Drehgelenk des Schwenkarms für das Schiffchen. Eine weitere Besonderheit ist die kleine Fadenanzugsfeder, die in die Öse des Fadenlegehebels eingearbeitet ist. Die Nadelstange und die Stoffdrückerstange sind in die sehr dicke, gusseiserne Kopfplatte eingearbeitet, wodurch die Wartung beim Abschrauben sehr erleichtert wird. Die Handradauslösung erfolgt durch Rechtsdrehung der Schraube, so dass sie sich beim Spulen nicht so leicht wieder von selbst festziehen kann. Zu der Maschine gehört ein hölzerner Unterschrank, der die Tretvorrichtung mit ebenfalls hölzerner Fußwippe und eiserner Antriebsscheibe beherbergt.