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Kurvenscheibengesteuerter Klein-Automat

Handwerks- und Industriemuseum Fellenbergmühle


Herstellung: 1920er Jahre
in: Merzig

Merkmale

Inventarnummer:
2017FMF0039
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Kurvenscheibengesteuerter Klein-Automat
Signatur:

unbezeichnet

Material:
Maße:
Gesamt: H: 22 cm, B: 48 cm, T: 25 cm

Beschreibung

Kurvenscheibengesteuerter Klein-Automat "Apag" (Perlendreh- und Bohrautomat mit Flachriemenantrieb).

Bei der ca. 22 cm hohen und etwa 48 x 25 cm messenden Apparatur handelt es sich um ein umgebautes Exemplar des Perlendreh- und Bohrautomaten "Apag" der Firma "Apollo-Plantectorwerk A.-G. Gössnitz S.-A.", welcher in der feinmechanischen Werkstatt in der Fellenbergmühle lange betriebenen wurde, derzeit jedoch nicht mehr an die Transmission angeschlossen ist. In seiner modifizierten Form diente der Automat nicht mehr der Bearbeitung von Perlen.

Allgemeines zum Arbeitsgang des Drehens:
Das Drehen ist gemeinsam mit dem Bohren, Fräsen und Schleifen eines der wichtigsten Fertigungsverfahren der Zerspantechnik. Dabei werden von einem Werkstück Späne abgetrennt, um die gewünschte Form zu erzeugen: das eingespannte Werkstück rotiert beim Drehen um seine eigene Achse, während das einschneidige Werkzeug die zu erzeugende Kontur abfährt. Das Werkstück wird als Drehteil und das Werkzeug als Drehmeißel bezeichnet.

Zum vorliegenden Exponat:
Der vorliegende Automat besitzt über einer mit der Werkbank verschraubten rechteckigen Standplatte ein massives Gestell, welches die waagerecht gelagerten Bearbeitungs- und Halterungs-Kompartimente aufnimmt. Die Maschine besteht in ihrer umgebauten Variante aus einem Spindelstock mit einem Dreibackenfutter zum Spannen der zu bearbeitenden Werkstücke und aus drei in Querrichtung beweglichen Werkzeughaltern, in welche die zur Bearbeitung ausgewählten Werkzeuge eingespannt wurden. Die Vorrichtung wurde mittels Transmission durch die Hauptturbine betrieben (vgl. unten) - eine Antriebsscheibe diente der Aufnahme des Transmissionsriemens. Die Arbeitsschritte, d.h. die Bewegungen und die Reihenfolge der nacheinander agierenden Werkzeuge, wurde mittels Kurvenscheiben automatisch gesteuert.

Zur generellen Funktionsweise von Kurvenscheiben:
Eine Kurvenscheibe ist als Bestandteil von Automaten ein Element zur Steuerung von ungleichförmigen Bewegungsabläufen auf eine rein mechanische Weise. Die Kurvenscheibe besteht in der Regel aus einer ebenen Scheibe mit ungleichförmigem Rand und wird in eine gleichmäßige Drehung versetzt. Über einen Hebel, eine zweite Steuerscheibe oder eine Scheibe mit Nut wird die aus der Drehung der Kurvenscheibe resultierende Bewegung von ihrem Rand abgegriffen und zur Steuerung technischer Abläufe (Arbeitsschritte und -bewegungen) verwendet. Die funktionale Einheit aus Kurvenscheibe und Hebel wird auch Kurvengetriebe genannt.

Zur Antriebsart mittels Transmission:
Die Transmission ist ein in der Regel historisches Riemengetriebe der frühen Industrialisierung und gehört zu den Zugmitteltrieben. Im feinmechanischen Museum Fellenbergmühle ist sie vorzüglich erhalten und bis in die Gegenwart in Funktion. Wichtiger Bestandteil dieser Antriebsart ist der Treibriemen (Transmissionsriemen).
Zur Übertragung der erzeugten Kraft - seit dem Jahre 1929 ersetzt in der Fellenbergmühle eine Turbine das zuvor verwendete Mühlrad - dienen bis heute Wellen aus Stahl und Riemenscheiben aus Gusseisen, welche über Flachriemen (Transmissionsriemen aus Leder) verbunden sind. Wie allgemein üblich, wird die Transmission durch an der Werkstattdecke verlaufende Wellen gewährleistet, die durch den gesamten Betrieb und zwei Geschosse geführt sind. So können die erforderlichen Kräfte über längere Wege, mit vergleichsweise geringem Materialeinsatz weitergeleit werden. An den Stellen, an denen eine (fest installierte) Maschine anzutreiben ist, wird mit einer Riemenscheibe ein Riemen zu dieser Maschine herunter geführt.
Im Gegensatz zu einer einfachen, festen Wasserradwelle zur Maschine (mit Steuerung allein über die Wasserzufuhr) kann mittels Turbine und Transmission die Antriebsmaschine stets bei optimalem Wirkungsgrad laufen, und jeder Abnehmer seine Drehzahl individuell einstellen. Der Einsatz von gestuften (kaskadierten) Riemenscheiben, also Scheiben verschiedener Durchmesser direkt nebeneinander, erlaubt die Einstellung verschiedener Drehzahlen an dem jeweils angetriebenen Gerät. Eine einfache Art einer Kupplung wird durch eine Anordnung von zwei gleichen Riemenscheiben nebeneinander, wovon eine - die Leer- oder Losscheibe - auf der Welle durchdreht, geschaffen: hierbei wird der Riemen zum Einkuppeln mittels eines Riemenschalters auf die an der Welle befestigte Festscheibe geschoben, zum Auskuppeln auf besagte Leerscheibe.
Generell war die Transmission, bevor Einzelantriebe zur Verfügung standen, eine wichtige Voraussetzung für maschinengetriebene, industrielle Bearbeitungs- und Fertigungsprozesse, da es seit ihrem Einsatz möglich wurde, die von einer zentralen Energiequelle zur Verfügung gestellte Energie auf mehrere (und sehr unterschiedliche) Maschinen zu verteilen.