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Kurvengesteuerter Drehautomat

Handwerks- und Industriemuseum Fellenbergmühle


Herstellung: vermutl. 2. Viertel 20. Jahrhundert
in: Merzig

Merkmale

Inventarnummer:
2017FMF0004
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Kurvengesteuerter Drehautomat
Signatur:

Firmenaufdruck (mit dem Maschinenblock gegossen: Tour Automatique Cuttat No. 1B)

Material:
Maße:
Gesamt: H: 140 cm, B: 110 cm, T: 53 cm

Beschreibung

Kurvengesteuerter Drehautomat "Tour Automatique Cuttat No. 1B".

Bei dem Exponat handelt es sich um einen einspindeligen, kurvengesteuerten Drehautomat französischen Fabrikats. Der eiserne Hauptblock enthält in erhabenen Buchstaben die geprägten bzw. mitgegossenen Aufschriften "Tour Automatique Cuttat No. 1B" und "Drevete S.G.D.F. France & Etranger". Das Gerät wurde zu Betriebszeiten von der feinmechanischen Werkstatt in der Fellenbergmühle zwar erworben, fand allerdings keine praktische Verwendung.

Zur generellen Funktionsweise von Kurvenscheiben:
Eine Kurvenscheibe ist als Bestandteil von Automaten ein Element zur Steuerung von ungleichförmigen Bewegungsabläufen auf eine rein mechanische Weise. Die Kurvenscheibe besteht in der Regel aus einer ebenen Scheibe mit ungleichförmigem Rand und wird in eine gleichmäßige Drehung versetzt. Über einen Hebel, eine zweite Steuerscheibe oder eine Scheibe mit Nut wird die aus der Drehung der Kurvenscheibe resultierende Bewegung von ihrem Rand abgegriffen und zur Steuerung technischer Abläufe (Arbeitsschritte und -bewegungen) verwendet. Die funktionale Einheit aus Kurvenscheibe und Hebel wird auch Kurvengetriebe genannt.
Der vorliegende Automat ist allerdings nicht mit einzelnen Kurvenscheiben, sondern mit einer manuell verstellbaren Scheibe ausgestattet.

Allgemeines zum Arbeitsgang des Drehens:
Das Drehen ist gemeinsam mit dem Bohren, Fräsen und Schleifen eines der wichtigsten Fertigungsverfahren der Zerspantechnik. Dabei werden von einem Werkstück Späne abgetrennt, um die gewünschte Form zu erzeugen: das eingespannte Werkstück rotiert beim Drehen um seine eigene Achse, während das einschneidige Werkzeug die zu erzeugende Kontur abfährt. Das Werkstück wird als Drehteil und das Werkzeug als Drehmeißel bezeichnet.

Zum vorliegenden Exponat:
Der Automat besitzt einen Spindelkopf mit zur Bearbeitung des Werkstückes ausgestatteten, feststehenden Stahlhaltern, einen riemengetriebenen Bohrer/Anschlag mit Aufnahme zur Längeneinstellung und Bohrvorrichtung sowie einen Schlitten, der während des Vorschubs das Material führte. Während des automatischen Drehvorgangs wurde das Werkstück mit einer Spannzange gehalten. Eine zwischen dem vierbeinigen Untergestell und dem eigentlichen Automaten sitzende Wanne sammelte die Metallspäne. Eine obig angebrachte Messingtafel vermittelt in französischer Sprache Angaben zu Drehzahl und Vorschubgeschwindigkeit etc. Der Automat ist für Antrieb mittels Transmission ausgerüstet und besitzt eine einstufige Riemenscheibe. Die Vorschubscheibe ist fünfstufig.

Zur Antriebsart mittels Transmission:
Die Transmission ist ein in der Regel historisches Riemengetriebe der frühen Industrialisierung und gehört zu den Zugmitteltrieben. Im feinmechanischen Museum Fellenbergmühle ist sie vorzüglich erhalten und bis in die Gegenwart in Funktion. Wichtiger Bestandteil dieser Antriebsart ist der Treibriemen (Transmissionsriemen).
Zur Übertragung der erzeugten Kraft - seit dem Jahre 1929 ersetzt in der Fellenbergmühle eine Turbine das zuvor verwendete Mühlrad - dienen bis heute Wellen aus Stahl und Riemenscheiben aus Gusseisen, welche über Flachriemen (Transmissionsriemen aus Leder) verbunden sind. Wie allgemein üblich, wird die Transmission durch an der Werkstattdecke verlaufende Wellen gewährleistet, die durch den gesamten Betrieb und zwei Geschosse geführt sind. So können die erforderlichen Kräfte über längere Wege, mit vergleichsweise geringem Materialeinsatz weitergeleit werden. An den Stellen, an denen eine (fest installierte) Maschine anzutreiben ist, wird mit einer Riemenscheibe ein Riemen zu dieser Maschine herunter geführt.
Im Gegensatz zu einer einfachen, festen Wasserradwelle zur Maschine (mit Steuerung allein über die Wasserzufuhr) kann mittels Turbine und Transmission die Antriebsmaschine stets bei optimalem Wirkungsgrad laufen, und jeder Abnehmer seine Drehzahl individuell einstellen. Der Einsatz von gestuften (kaskadierten) Riemenscheiben, also Scheiben verschiedener Durchmesser direkt nebeneinander, erlaubt die Einstellung verschiedener Drehzahlen an dem jeweils angetriebenen Gerät. Eine einfache Art einer Kupplung wird durch eine Anordnung von zwei gleichen Riemenscheiben nebeneinander, wovon eine - die Leer- oder Losscheibe - auf der Welle durchdreht, geschaffen: hierbei wird der Riemen zum Einkuppeln mittels eines Riemenschalters auf die an der Welle befestigte Festscheibe geschoben, zum Auskuppeln auf besagte Leerscheibe.
Generell war die Transmission, bevor Einzelantriebe zur Verfügung standen, eine wichtige Voraussetzung für maschinengetriebene, industrielle Bearbeitungs- und Fertigungsprozesse, da es seit ihrem Einsatz möglich wurde, die von einer zentralen Energiequelle zur Verfügung gestellte Energie auf mehrere (und sehr unterschiedliche) Maschinen zu verteilen.
Wie eingangs festgestellt, wurde der besprochene Automat jedoch nie an die vor Ort befindliche Transmission angegliedert.