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Chinesischer Damenschuh

Abenteuermuseum Saarbrücken


Herstellung: möglicherweise vor 1911

Merkmale

Inventarnummer:
2007AMS389
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Chinesischer Damenschuh
Material:
Holz (Absatz)
Seidenstoff
Maße:
Gesamt: D: 12,5 cm

Beschreibung

Chinesischer Damenschuh aus Samt- und Seidenstoffen zusammengenäht und mit floralen Stickereien und Bemalungen verziert; Sohle aus Leder und Holz. Seine Größe erklärt sich aus der im vorkommunistischen China verbreiteten Sitte der Deformierung des weiblichen Fußes. In den oberen Gesellschaftsschichten Chinas galten kleine Füße als Zeichen von Luxus und Vornehmheit. Die Verformung der Mädchenfüße begann zwischen dem vierten und achten Lebensjahr. Dabei wurden die vier kleinen Zehen unter die Fußsohle gebunden. Nach zehn Jahren solcher Behandlung blieben sie auch ungebunden unter der Sohle liegen. Auf diese Weise wurde der Frauenfuß nicht größer als 13 bis 14 Zentimeter. Der Gang wirkte entsprechend unbeholfen. Die Frauen der höheren Gesellschaftsschichten hatten den Vorteil, dass sie nicht gehen mussten, weil sie in der Sänfte getragen wurden. Prinzessinnen wurden bereits mit zwei Jahren bandagiert, so dass ihre Füße im
Erwachsenenalter kleiner als neun Zentimeter blieben. Man glaubte, dass die sexuelle Bereitschaft der Frau aufgrund der veränderten Blutzirkulation erhöht wird. Im Gegensatz zu den Genitalien stellte der Fuß im alten China ein Tabu dar. Auf alten Holzschnitten wurde alles gezeigt - nur nicht die Füße. Die Frauen nähten, bestickten und bemalten die Schuhe selbst. Der Schuh für den Lotusfuß bestand aus Seide und wurde mit Borten, Quasten usw. verziert. Die Fersenflächen waren wattiert und hatten einen niedrigen Absatz. Dazu gab es Überschuhe aus Leder mit hohen Absätzen. Die Fußverkrüppelung wurde beschönigend als Gin-Lien (Goldene Lotusblüte) bezeichnet. Diese Sitte wurde über tausend Jahre lang gepflegt; sie hatte ihren Anfang in der Tang-Dynastie im 10. Jahrhundert. Dort soll die Lieblingskonkubine des Kaisers Li Yü von Natur aus kleine Füße gehabt haben. Alle Damen des Reiches versuchten daraufhin, diesem Vorbild nachzueifern. Mit der Gründung der Volksrepublik 1911 wurde das Binden der Füße verboten. (Vgl. Watzl 1996)

Literatur

Watzl, Peter: Damenfüße - gebunden, gestelzt und gestöckelt, in: Die verlassenen Schuhe, Bonn: Edition Braus, 1996