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Säulenbasis

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0423
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Säulenbasis
weitere Objektbezeichnung:
Bruchstück einer Basis mit Putzresten
Material:
Mörtel (Kalk-Putz)
Technik:
gemeißelt
geglättet
geschliffen (und verputzt)
Maße:
Gesamt: D: 22 cm, H: 17 cm (max.)

Beschreibung

Bruchstücke einer Säulenbasis mit Putzresten.

Der Rest der Basis toskanischer Ordnung ist aus zwei Bruchstücken zusammengefügt. Die Basis gehörte vermutlich zu einer freistehenden runden Säule, welche sich im Bereich des Hauptgebäudes (pars urbana) der Villa von Reinheim befand. Hier wiesen vor allem die auf der Nord- und Südseite sich befindlichen Portiken Säulenstellungen auf. Die Bruchstücke haben bei einer maximalen Tiefe von etwa 22 cm noch eine Höhe von ca. 17 cm - sie bestehen aus einem rötlichen Sandstein. Zu erkennen sind noch Teile der runden Plinthe (Standplatte)mit einer doppelten, ringförmig eingeschnittenen Kerblinie und des von dieser mittels einer weiteren Kerblinie abgesetzten einfachen Wulstes des Säulenfußes. Auch der Wulst ist mit drei mittigen und einer doppelten Kerblinie verziert. Der Ansatz der Säule ist noch etwa 1 cm hoch erhalten. Die Basis und die gesamte Säule waren wahrscheinlich aus einem Werkstück gefertigt. Als Besonderheit haben sich weiße Putzreste auf der grob gepickten Sandsteinoberfläche erhalten. Im Gegensatz zu der gängigen Vorstellung steinsichtiger Bauten oder Architekturteile, waren solche in der Antike oftmals verputzt und/oder farbig bemalt.

Die Reste weisen viele Bestoßungen und Abbruchstellen auf - der größte Teil der Basis/der Säule fehlen. Die Basis kann nur allgemein in die Römische Kaiserzeit bzw. die mittlere Nutzungsphase der Villa datiert werden (2./3. Jh. n. Chr.).

Zur toskanischen Säulenordnung:
Die toskanische Ordnung (auch Rustika, tuskische oder etruskische Ordnung genannt) ist eine der fünf klassischen Säulenordnungen, in deren Hierarchie sie den untersten Platz einnimmt. Somit wurde sie auch in der mehrstöckigen Fassadengestaltung für das unterste Stockwerk verwendet. Die toskanische/etruskische Ordnung entstand unter griechischem Einfluss als eine abgewandelte Variante der dorischen Ordnung. Mit der Eroberung der etruskischen Gebiete durch die Römer ab dem 3. Jh. v. Chr. wurde die etruskische Ordnung weiterentwickelt und als tuskische oder toskanische Ordnung Bestandteil der römisch-antiken Architektur. Die toskanische Ordnung weist als reine Säulenordnung keine Ausbildung eines besonderen Gebälks auf und folgt in ihrem Aufbau grundsätzlich der dorischen Ordnung. Allerdings besitzt die toskanische Säule im Gegensatz zur dorischen eine Basis, die (nach Vitruv) aus einer runden Plinthe und einem einfachen Wulst besteht. Am Säulenschaft fehlt meist die Kannelierung, unterhalb des Kapitells befindet sich ein Halsring. Das dorisch beeinflusste Kapitell ist in der Regel schmucklos und weist einen nur gering ausladenden Echinus mit abschließendem Abakus auf. Das darüber folgende Gebälk war, wie allgemein bei den griechischen Frühformen, anfangs aus Holz und erst später in Stein augeführt.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden (je sechs pro Seite). Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Das Hauptgebäude weist einen H-förmigen Grundriss auf, erstreckt sich über 80 x 60 m und verfügte in seiner größten Ausbauphase im frühen 3. Jh. n. Chr. allein im Erdgeschoss über 50 Räumlichkeiten, die zusammen mit Gängen und Portiken eine Fläche von 2.550 m² einnahmen.

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013