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Säulenkapitell

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0422
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Säulenkapitell
weitere Objektbezeichnung:
Sandsteinernes Säulen-Kapitell mit stilisierter Pflanzenornamentik
Material:
Technik:
gemeißelt
geglättet
geschliffen
Maße:
Gesamt: H: 23,5 cm, D: 30 cm (ca.)

Beschreibung

Säulen-Kapitell mit stilisierter Pflanzenornamentik.

Das Architekturstück besteht aus Sandstein, stammt höchstwahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 3. Jh. n. Chr. und wurde im Zuge der Ausgrabungen im Nebengebäude B8 des Wirtschaftshofes der römischen Villa gefunden. Das Gebäude diente im 2./3. Jh. n. Chr. höchstwahrscheinlich als Wohnung eines Gutsverwalters (Wohnluxus mit beheiztem Raum und Bad).
Das Kapitell ist fragmentiert und weist eine relativ stark erodierte Oberfläche auf. Dennoch lassen sich die stilisierten Blüten und Blätter noch gut erkennen. Der im Querschnitt etwa halbkreisförmige Rest besitzt bei einem Durchmesser von etwa 30 cm noch eine Höhe von 23,5 cm. Es handelt sich nicht um ein Kapitell korinthischer Ordnung, sondern eher um eine Art Kompositkapitell mit stilisierter Pflanzenornamentik: Weder lassen sich die dargestellten Blätter als typische Arkanthusblätter identifizieren, noch existieren Helices oder Voluten - die Ecken unterhalb der Abschlussplatte werden jeweils lediglich aus einem leicht überhängenden Blatt gebildet. Allein die dazwischen liegenden stilisierten Blüten nehmen in etwa die Positionen der Abakus-Blumen eines korinthischen Kapitells ein.
Es handelt sich um ein Bruchstück eines Säulen-Kapitells, welches vermutlich allseitig ausgearbeitet war und eine freistehende Säule bekrönte. In welchem architektonischen Zusammenhang diese im Nebengebäude B8 Verwendung fand, ist anhand des archäologischen Befundes nicht zu klären - in jedem Fall kann das Kapitell als Beleg für eine gehobene Ausstattung dienen.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 65-70, Abb. Nr. 65
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013