Kopie eines figürlichen Amulettanhängers der keltischen Fürstin von Reinheim aus der Frühlatènezeit.
Zum Grab der keltischen Fürstin:
Im Jahre 1954 wurde in Reinheim im Bereich des am Fuße des "Homerich" im Tal gelegenen sogenannten "Katzenbuckels" das Hügelgrab mit der Grablege einer keltischen Fürstin gefunden und ergraben [1 (A)]. Zusammen mit zwei unmittelbar benachbarten Großgrabhügeln [2 (B), 3 (C)] und weiteren Bestattungen im Bereich der späteren römischen Villa (Fluren "Allmend" und "Auf dem Sand") bildet es eine große eisenzeitliche Nekropole, welche von der Hallstatt- (8. bis 5. Jh. v. Chr.) bis in die Latènezeit (5. bis 1 Jh. v. Chr.) genutzt wurde und somit eine Belegungszeit von ca. 500 Jahren aufweist. Das Grab der Keltin - aufgrund der Beigaben (beidseitiges Tragen von Armringen und fehlende Waffen) ist die Grablege als Frauengrab gesichert - gilt als das bisher wohl reichste Fürstinnengrab der Frühlatènezeit in Mitteleuropa. Die Fürstin wurde gegen 370 v. Chr. bestattet.
Der Grabhügel war ehemals durch einen 0,60 m breiten und 0,40 cm tiefen Kreisgraben von 20 m Innendurchmesser begrenzt, welcher den heiligen Bezirk der Grabstätte von der profanen Außenumgebung abtrennte. Die noch durch Holzspuren nachweisbare, einen halben Meter in die Erde eingetiefte Eichenholzkammer von 3,5 x noch 2,70 m Größe wurde ehemals durch einen aus Erde und Rasensoden aufgeschütteten Grabhügel von 23 m Durchmesser und ca. 5 m Höhe geschützt (weithin sichtbares Grabmonument). Ihre Höhe wird mit ca. 0,90 bis 1,20 m rekonstruiert. Das Skelett war aufgrund der Kieselsäure im anstehenden Sandboden vollständig vergangen - der Befund ließ sich aufgrund der Position von den reichen Schmuck- und Trachtelementen (Hals- und Armringe) genau ermitteln: Die Tote war in NNW(Kopf)-SSO-Orientierung in gestreckter Rückenlage bestattet worden. Neben anderem Schmuck wie Goldscheibenfibeln und goldenen Arm-, Finger- und Halsringen gehören auch bronzene Amulettanhänger zu den Funden.
Zum Anhänger:
Bei der ausgestellten Figur handelt es sich um eine Kopie von einer der beiden im Fürstinnengrab von Reinheim gefundenen Amulettanhängerfigürchen. Die Figur stellt eine stehende, nackte, männliche Gestalt dar, die mit seitwärts ausgestreckten Oberarmen und erhobenen Händen eine große, an den Schläfen ansetzende Ringöse auf ihrem Kopf stützt. Sie besteht aus Bronze und ist (in heutigem Zustand) 64,4 cm hoch. Die abgebrochene Öse sowie die beiden Beine sind bei der Restaurierung wieder angefügt worden - dagegen fehlt, neben dem bereits bei der Auffindung verlorenen rechten Fuß, heute auch der linke. Die schwach gespreizten Beine knicken locker in den Knien ein, die Fußspitzen haben ursprünglich leicht nach unten gewiesen. So scheint die Figur als an den Armen hängend oder vielmehr auf den Zehenspitzen federnd oder tänzelnd dargestellt zu sein. Das Größenverhältnis von Kopf und Körper ist (für einen Erwachsenen) unproportioniert, sondern entspricht dem eines Kleinkindes. Aufgrund der deutlichen Ausprägung der männlichen Geschlechtsteile soll aber dennoch ein erwachsener Mann abgebildet sein.
Vergleichbare Amulettanhänger werden stets in Frauengräbern der späten Hallstatt- und der La-Tène-Zeit gefunden. Die Befundsituationen sprechen dafür, dass sie in erster Linie am Halsring und am Gürtel getragen wurden. Das Verbreitungsgebiet der menschengestaltigen Figürchen dieser chronologischen Spannweite (von Ha D3 bis LT B2) reicht vom zentralfranzösischen Berry bis nach Österreich, West-Ungarn und Kroatien, im Norden etwa bis zum Main und Böhmen - das Zentrum liegt im mittleren Neckartal. Zudem sind menschengestaltige Anhängerfiguren auch aus Mittel- und Norditalien in großer Zahl bekannt. Trotz der Unterscheidung in zwei - künstlerisch durch griechische und etruskische Kleinplastik in Italien beeinflusste - Grundtypen, nämlich in Figuren mit raumgreifenden Bewegungen der Gliedmaßen und in solche mit angelegten Armen und eng zusammenstehenden Beinen, und der Tatsache, dass sowohl männliche als auch weibliche Gestalten (und sogar eine Verschmelzung beider Geschlechter) dargestellt sind, ist allen keltischen Figuren gemeinsam, dass die Knie durch einen leichten Knick definiert und die Fußspitzen nach unten gerichtet sowie die Geschlechtsmerkmale sehr deutlich angelegt sind. Tanzende nackte Männer- und Frauengestalten, von Frauen getragen, deuten auf Fruchtbarkeitssymbolik sowie Liebeszauber, aber auch auf kultische Zusammenhänge und Funktionen ihrer Trägerinnen hin.
Das durch das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz restaurierte Original der Figur ist im Saarbrücker Museum für Vor- und Frühgeschichte ausgestellt.