Tüllenmeißel.
Bei dem Bronzeobjekt handelt es sich um einen ca. 11 cm langen Tüllenmeißel, dessen hölzerner Stil sich nicht erhalten hat. Er war wie eine Axt handhabbar und diente einem Mann der Führungsschicht als Waffe und Statussymbol. Als solches wurde er zusammen mit mehreren Arm- und Fußringen bei den Bestattungs-Feierlichkeiten des Mannes nach den Kulthandlungen gemeinsam mit anderen Bronzeobjekten (Phalere, Klapperbleche) als Opfergabe an die Götter im Boden deponiert (Hortfund in der Flur "An der Osterwiese" in Reinheim).
Der Meißel hat die Form eines flach zulaufenden, sich zur Klinge hin verbreiternden, Hohlzylinders. Die Scheide ist unter großem Radius gerundet. Die kreisförmige Öffnung am rückwärtigen Nacken gibt den Blick in den hohlen Körper frei und ermöglichte die einfache Schächtung des Meißels mittels eines Knieholzes. Diese Methode der Schäftung ordnet das Exemplar der angegebenen Zeitstellung zu:
Der Meißel ist in das 9. Jh. v. Chr. zu datieren und gehört somit der späten Bronzezeit an (1330 - 800 v. Chr.). Hortfunde aus dieser Zeit werden im Saar-Mosel-Raum auch als "groupe Sarre-Lorraine" bezeichnet und bestehen in ihrer Maximalausstattung stets aus drei Objektgruppen, die zu den Statussymbolen der Führungsschicht gehörten: Männerwaffen, Pferdegeschirr als Hinweis auf von Pferden gezogene Wagen und Frauenschmuck, insbesondere Fußringe, welche während des Bestattungszuges paarig von mehreren Frauen getragen worden waren.
Die Späte Bronzezeit wird aufgrund der zahlreichen Brandbestattungen auch als "Urnenfelderzeit" bezeichnet. Der Leichenbrand des Toten wurde in einem Gefäß (einer Urne) beigesetzt. Der Wandel von Körper- zu Brandbestattungen wird als religiöses Umdenken in der Gesellschaft interpretiert. Man geht davon aus, dass mit dem Eintreten neuer Bestattungsriten ein Wandel in den jeweiligen Jenseitsvorstellungen stattgefunden haben muss.
Hochrangige Personen wurden allerdings weiterhin - nunmehr mit kostbaren Beigaben - in Körpergräbern unter Grabhügeln bestattet. Dabei handelt es sich mitunter um ganze Wagen, die mit weiteren, oben bereits genannten, Grabbeigaben ins Grab gelangten.
Das 9. Jh. v. Chr. stellt im Raum nördlich der Alpen eine Phase vieler Veränderungen dar: Nach jahrhundertelanger Dominanz des Flachbrandgrabes gewann, von Westeuropa ausgehend, die Körperbestattung unter einem Grabhügel für die Führungsschicht weiterhin an Bedeutung. Die Sitte der Hortdeponierungen erlosch am Ende der Bronzezeit zunächst, wurde aber in der nachfolgenden Hallstattzeit ebenfalls in Form von Grabbeigaben wieder aufgenommen. Durch Verknappung des im Bergbau gewonnenen Kupfers hoher Qualität (Hauptbestandteil der Bronze) verschlechterte sich die Haltbarkeit der geschmiedeten Bronzeobjekte, was am Ende der späten Bronzezeit zum Niedergang des Bronzehandwerks in dieser Region, und zur Übernahme des Eisens, eines im Orient und im Mittelmeerraum schon seit dem 3. Jahrtausend genutzten Werkstoffes, führten.
Das Bronzeobjekt ist gut erhalten - es weist lediglich geringfügige Beschädigungen (Löcher im Hohlzylinder) und ein wenig Patina auf.