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Fibel

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0445
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Fibel
weitere Objektbezeichnung:
Emailbügelfibel (Hülsenscharnierfibel)
Sachgruppe:
Kleidung (Zubehör, Fibeln)
Technik:
Maße:
Gesamt: L: 6,5 cm

Beschreibung

Emailbügelfibel (Hülsenscharnierfibel).

Die Fibel wurde im Zuge der Ausgrabungen im Bereich der Villa rustica in Reinheim gefunden.

Unter den Emailbügelfibeln werden bei Riha alle Hülsenscharnierfibeln zusammengefasst, die eine andere (Emaille-)Verzierung als in kleinen Kreisfeldern (Riha Typ 5.16) aufweisen. Der Kopf wird durch ein breites Hülsenscharnier eingenommen. Die Kopfplatte ist rechteckig. Die Fibel besitzt einen gewölbten, zweimalig leicht umknickenden (zur Kopfpatte und zum Fuß hin), bandförmigen Bügel mit relativ parallelen Kanten (möglich sind auch stärker trapezförmige, rhombische, dreieckige oder geteilte Bügel). Dieser war bei vorliegendem Exemplar mit einer bügelmittig längs angeordneten Reihe von sechs querrechteckigen Feldern mit, heute fehlenden/ausgefallenen, Emaileinlagen verziert. Diese begleitend finden sich zwei randparallel mit Strichritzung versehene Grate.
Der Fuß ist kurz und läuft zu seinem Ende hin schmal zu; er besitzt einen längs-mittigen Grat und einen Endknopf. Der Nadelhalter ist dreieckig.
Das Objekt weist leichte Korrosionsspuren auf - die Emaileinlagen sind verloren. Ansonsten ist die Fibel mitsamt der Nadel und der Scharnierkonstruktion gut erhalten.
Nach Riha und Heynowski gehören Fibeln dieses Typs in die späte zweite Hälfte des 1. Jh. und die erste Hälfte des 2. Jh. n. Chr. und waren insbesondere in den römischen Provinzen von Britannien bis Pannonien verbreitet.
Die Fibel entspricht dem Typ Riha 5.17.3 (Emailbügelfibeln mit kleinen Emailfeldern), etwa die Nr. 1378; genereller: Ettlinger, Typ 36; Heynowski, Typ 4.3.5.

Bei Fibeln handelt es sich um Gewandspangen - mit ihnen wurden in der Antike Gewänder zusammengehalten. Sie gehörten sowohl bei Frauen als auch bei Männern zur alltäglichen Tracht und fanden dementsprechend allgemeine Verbreitung. Über ihre rein praktische Funktion hinaus waren sie in ihren stilistischen Ausformungen nach Typ und Aussehen wechselnden Modeerscheinungen unterworfen, weshalb sie sich sehr gut zur Datierung entsprechender Fundschichten und Fundzusammenhänge eignen.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Das Hauptgebäude weist einen H-förmigen Grundriss auf, erstreckt sich über 80 x 60 m und verfügte in seiner größten Ausbauphase im frühen 3. Jh. n. Chr. allein im Erdgeschoss über 50 Räumlichkeiten, die zusammen mit Gängen und Portiken eine Fläche von 2.550 m² einnahmen.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Riha, Emilie: Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst, 1979, S. 157, Abb. Tafel 46, Werkverzeichnis Nr. 1378
Heynowski, Ronald: Fibeln. erkennen - bestimmen - beschreiben (=Bestimmungsbuch der Archäologie, 1), Berlin - München: Deutscher Kunstverlag, 2012, S. 134f, Abb. Nr. 4.3.5
Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013