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Anhänger, radförmig

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0401
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Anhänger
radförmig
weitere Objektbezeichnung:
Rouelle - radförmiger Votivanhänger
Material:
Technik:
gegossen
Maße:
Gesamt: D: 4,7 cm

Beschreibung

Radförmiger Votivanhänger ("Rouelle").

Bei Rouelles handelt es sich um Votivobjekte in der Form kleiner Räder mit Speichen, welche am häufigsten in keltischen und gallo-römischen Heiligtümern der Zeit von etwa 50 v.Chr. bis 50 n. Chr. vorkommen (keltisch: Taranis/romanisiert: Jupiter). Sie wurden von Personen zum Zeichen der Verbundenheit mit der Gottheit und als Schutz-Anhänger, beispielsweise auch auf Reisen, getragen. In frühen Formen kommen ringförmige oder radähnliche Anhänger seit der Bronzezeit vor und repräsentierten - wie die Symbole Swastika und Triskelt - vermutlich die Sonne. Da vierspeichige Räder häufig auf keltischen Münzen abgebildet sind, ist eine monetäre Funktion als Zahlungsmittel desweiteren nicht auszuschließen. Für die Herstellung von Rouelles fanden mehrere Metalle Verwendung - neben Bronze existieren vor allem Exemplare aus Gold, Silber und Blei.

Das vorliegende Exemplar besitzt einen äußeren und einen inneren Ring (anstatt eine zentrale Radnabe), welche durch fünf Speichen miteinander verbunden sind. Es besteht aus Bronze und hat einen Durchmesser von 4,7 cm. Das Objekt ist trotz leichter Korrosionsspuren gut erhalten. Es wurde im Bereich des Wirtschaftshofes (pars rusica) der Villa im Nebengebäude B2 gefunden. Die Nebengebäude im Wirtschaftshof besaßen in der Regel über dem zu Wirtschaftszwecken vorbehaltenen Erdgeschoss ein Obergeschoss, welches als Wohnunterkunft für Angestellte der Villa diente. Vermutlich datiert der Votivanhänger in das 1. Jh. n. Chr. und damit in die frühe Zeit der Villenanlage.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 39-43, 47f, Abb. Nr. 44, 45
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013