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Griff

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0394
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
weitere Objektbezeichnung:
Griffhenkel in Form zweier sich küssender Fische
Sachgruppe:
Material:
Technik:
Maße:
Gesamt: L: 7,5 cm

Beschreibung

Griffhenkel in Form zweier sich küssender Fische.

Die figürliche Bronzeapplikation stammt vom Griff einer Truhe und wurde im Wirtschaftsteil der Villa (pars rustica) in einem Nebengebäude gefunden. Die beiden Fische stellen sich quasi hoch auf, um sich küssen zu können. Dieser obere Bereich diente als Grifffläche der Henkel. Ihren Schwänzen entsprachen die Scharniere. Von dem Griffhenkel fehlt ein Teil des Fischschwanzes. Während das Holz vergangen ist, sind Metallteile dieser Art oftmals noch erhalten. Dienten die Nebengebäude generell zu Wirtschaftszwecken, lässt das Vorhandensein von Möbeln und Truhen mit Schmuckbeschlägen und -griffen im Rückschluss jedoch auf eine zusätzliche Wohnfunktion (für Angestellte der Villa) schließen. Der Henkel lässt sich nur allgemein in die römische Kaiserzeit bzw. die Nutzungsphase der Villa rustica von Reinheim (2. H. 1. Jh. bis 3./4. Jh. n. Chr.) datieren.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandente Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 33, 39-43, Abb. Nr. 29
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013