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Gefäß

Europäischer Kulturpark Reinheim


Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0384
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
weitere Objektbezeichnung:
Gefäßboden mit Rillen der Drehscheibe
Material:
Technik:
gedreht
Maße:
Gesamt: D: 11,5 cm

Beschreibung

Gefäßboden einer Kasserolle.

Der Boden eines kasserollenartigen Bronzegefäßes wurde während der Ausgrabungen zwischen 2009 und 2011 im Bereich des Wirtschaftshofes (pars rustica) in Nebengebäude B5 gefunden und dürfte aus dem 2./3. Jh. n. Chr. stammen.
Der eigentliche Gefäßkörper ist verloren, das kreisrunde Bodenstück jedoch gut erhalten.
Es besitzt einen Durchmesser von 11,5 cm. Die Unterseite gliedern vier massive konzentrische Reliefringe und mehrere feinere Zierrillen. Während das Gefäß an sich zwar gegossen war, wurde das differenzierte Bodenprofil vollständig - wie allgemein üblich - durch Drehen mit der Drehscheibe/-bank erzielt. In der Mitte des Bodenstücks ist das sog. "Zentrum" zu sehen. Dabei handelt es sich um eine der bei gedrehten Elementen stets im Mittelpunkt beider Seiten befindlichen napf- oder kegelförmigen Vertiefungen, in denen während des Arbeitsprozesses die Drehbankspitzen bzw. die Pinolen , welche die Aufgabe hatten, das auf der Drehbank aufgespannte Werkstück gegen ein Entweichen nach vorne zu sichern, steckten, und die gewissermaßen die Enden der unsichtbaren Drehachsen darstellen. Die Vertiefungen entstanden durch Wegnahme des Metallmaterials mittels Spanung.

Eine Kasserolle ist ein flacher Topf mit Stiel oder zwei Henkeln, einer großen Bodenfläche und einem steilen Rand. Kasserollen eignen sich vor allem zum Braten oder Schmoren.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 39-43, 58
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013
Mutz, Alfred: Die Kunst des Metalldrehens bei den Römern. Interpretation antiker Arbeitsverfahren aufgrund von Werkspuren, Springer, 1972, S. 4-39