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Gemme

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0362
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
weitere Objektbezeichnung:
römische Gemme mit Personendarstellung
Material:
Technik:
geschnitten
Maße:
Gesamt: B: 1 cm, L: 1,2 cm

Beschreibung

Gemme.

Die römische Gemme mit Personendarstellung hat eine ovale Form und misst 1,2 x 1 cm. Sie besteht wahrscheinlich aus Kalkstein und könnte aufgrund ihrer hellen Färbung eventuell aus dem späten 2. Jh. n. Chr. stammen. Dargestellt ist eine nach links gewandte, stehende Figur in der Seitenansicht, welche mit einem Fuß fest aufsteht, während das andere Bein angewinkelt ist und dessen Fuß lediglich mit den Zehen den Boden berührt. Vor sich trägt sie etwa in Brusthöhe nicht näher zu identifizierende Gegenstände (evtl. eine Art Tablett).
Das im Bereich der römischen Villa rustica gefundene Schmuckstück ist trotz leichter Abschabungen gut erhalten.

Unter Gemmen (lateinisch gemma: Knospe, Edelstein) versteht man geschnittene Schmuck- bzw. Edelsteine. Heute versteht man unter einer Gemme meist einen vertieft geschnittenen Schmuckstein: Das jeweilige Bildmotiv wird in den Stein eingeschnitten. Diese Schmucksteine bezeichnet man auch als Intaglio. Im Gegensatz dazu wird bei einer Kamee der Hintergrund des Bildmotivs weggeschnitten, das Motiv ragt also wie ein Relief erhaben aus dem übrigen Stein heraus. Die Bezeichnung Gemme kann aber auch als Oberbegriff für Intaglio und Kamee alle geschnittenen Edel- und Schmucksteine bezeichnen.
Bevorzugtes Steinmaterial ist die Quarzgruppe. Die ältesten Steinschnitte entstanden im 5. bis 3. Jahrtausend vor Christus. Besonders hochwertig war die Steinschneidekunst der Ägypter, Assyrer, Perser und Griechen. Die Technik des Gemmenschnittes war in der Römischen Kaiserzeit bereits so weit ausgereift, dass alle bekannten Edelsteine bearbeitet werden konnten. Für die Auswahl der Schmucksteine waren die jeweilige Mode (Steintypen), der Preis oder die Belieferungsmöglichkeiten ausschlaggebend. Zudem spielte der Glaube an magische Kräfte der Steine spielte eine große Rolle. In der Regel wurden für bestimmte Bildergruppen gewisse Steinarten bevorzugt: Für magische Stücke bevorzugte man gesprenkelte und mehrfarbige Steine wie den Hämatit und den Chrysopras oder auch Bein. Die Steine wurden größtenteils aus dem Nahen- und Fernen Osten importiert.
Die antiken Modetendenzen beziehen sich nicht nur auf die Steinarten, sondern auch auf die Farben der Edelsteine: In der frühen Römischen Kaiserzeit waren beispielsweise dunklere Edelsteine wie Karneol und Jaspis bevorzugt - die helleren Farben waren dagegen im ausgehenden 2. Jh. n. Chr. gefragt. Im 1. und 4. Jh. n. Chr. war der Karneol und im 2. und 3. Jh. n. Chr. der Jaspis sehr beliebt, während der Onyx vor allem im 1. und 2. Jh. n. Chr. begehrt wurde.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Das Hauptgebäude weist einen H-förmigen Grundriss auf, erstreckt sich über 80 x 60 m und verfügte in seiner größten Ausbauphase im frühen 3. Jh. n. Chr. allein im Erdgeschoss über 50 Räumlichkeiten, die zusammen mit Gängen und Portiken eine Fläche von 2.550 m² einnahmen.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013
Böhme-Schönberger, A.: Kleidung und Schmuck in Rom und den Provinzen (=Schriften des Limesmuseums Aalen, 50), Stuttgart, 1997