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Jupitergigantensäule

Römermuseum Schwarzenacker


Herstellung: Original: ca. 160-240 n. Chr. (mittlere römische Kaiserzeit)
von: Schneider, Paul als Hersteller
in: Schwarzenacker

Merkmale

Inventarnummer:
2008RMS0816
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Jupitergigantensäule
Material:
Sandstein (Original)
Farbe
Technik:
gegossen
gemeißelt (Original)
bemalt
Maße:
Gesamt: H: 650 cm, H: 132 cm (Achteck-Stein mit Gesims), D: 74,5 cm (Basis Achteck-Stein), H: 37,5 cm (Bildfelder Achteck-Stein), B: 13 cm (Bildfelder Achteck-Stein), H: 78 cm (Bildfelder Sockel), B: 43 cm (Bildfelder Sockel), H: 97 cm (Säulenunterbau), B: 75 cm (Sockel), B: 88,5 cm (Sockelgesims)

Beschreibung

Nachbildung einer Jupitergigantensäule. Als Basis dient ein Viergötterstein mit einem vierkantigen Sockel. Auf dem Stein befinden sich die Darstellungen folgender Götter, jeweils in einer rechteckigen, himmelblau ausgemalten Nische:

1. nackter Merkur mit blassrosafarbenem Körper und rotbraunen Haaren mit schwarzen Strähnen. In den Händen hält er einen ockerfarbenen Geldbeutel und einen gelben Stab. Er trägt einen rotbraunen Mantel (Chlamys) und einen gelbockerfarbenen Hut mit weißen Flügeln.
2. Herkules mit rosafarbenem Körper und gelbockerfarbenem Bart, in der Hand hält er eine blassblaurote Keule mit roter Binnenzeichnung. Seine Beigaben deuten auf einige seiner Heldentaten hin: Er trägt das ockerfarbene Fell des von ihm erlegten Nemeischen Löwen, in der Hand hält er die gelben Äpfel der Hesperiden.
3. Minerva mit einem gelben Helm mit braunrotem Kamm. In der Hand hält sie einen Speer mit gelber Spitze und ockerfarbenem Schaft. Als Gewand trägt sie die für sie typische Aigis in gelber Farbe mit roten Schuppen und weißem Medusenhaupt. Sie trägt des Weiteren einen hellblauen Mantel über der linken Schulter, ein weißes gefaltetes Untergewand und ockerfarbene Schuhe. Außerdem hat sie einen gelben Schild mit braunroter Konturzeichnung.
4. Juno mit hellgelbem Obergewand mit Schleier, einem weißen Untergewand mit halben Armen und blassblauroten Schuhen. In der rechten Hand hält sie eine ockergelbe Opferschale, in der linken Hand hält sie einen weißen Kasten. Neben ihr steht ein weißer Altar.

Darüber befindet sich auf einem Gesims ein achteckiger Stein mit einer zweiwülstigen Basis. Auf dem Stein befinden sich die Darstellungen von acht Planetengöttern, die die Wochentage symbolisieren, dazu folgende Inschrift:

I(OVI) O(PTIMO) M(AXIMO) / ET IVNONI REG(INAE) / VICANI //// / V(OTUM) S(OLVERUNT) L(IBENTES) L(AETI) MERITO

Übersetzung: Für Jupiter Optimus Maximus und die Herrscherin Juno haben die Dorfbewohner ihr Gelübde gern, freudig und nach Gebühr eingelöst.

Rechts der Inschrift gegen den Uhrzeigersinn befinden sich in oben gewölbten, himmelblau ausgemalten Nischen die Darstellungen der folgender Götter:
1. Jupiter mit goldgelben gelockten Haaren. In der rechten Hand hält er einen gelben Blitz, in der linken Hand hält er einen Stab mit gelber Spitze und ockerfarbenem Schaft. Zu Füßen kauert ein blauroter Adler. Um die Hüfte ist ein braunroter Mantel geschwungen.
2. nackter Merkur mit blassrosafarbenem Körper und rotbraunen Haaren mit schwarzen Strähnen. In den Händen hält er einen ockerfarbenen Geldbeutel und einen gelben Stab. Er trägt einen rotbraunen Mantel (Chlamys) und einen gelbockerfarbenen Hut mit weißen Flügeln.
3. Mars mit gelbem Helm und Brustpanzer mit braunroten und weißen Konturen. In der rechten Hand hält er einen Speer mit weißer Spitze und braunrotem Schaft. Schild und Beinschienen sind gelb mit braunroten und weißen Konturen. Unter dem Panzer trägt er einen braunroten Rock.
4. Luna (Mondgöttin) mit rotbraunen Haaren und weißer Mondsichel auf dem Kopf. Sie trägt ein hellgelbes Obergewand über der rechten Schulter ein weißes Untergewand und hellockerfarbene Schuhe. In der linken Hand hält sie eine ockerfarbene Opferschale. Neben ihr steht ein weißer Altar.
5. Apollo mit hellblonden, gelockten Haaren und einem gelben Strahlenkranz. Er trägt einen hellgelben gefalteten Lendenschurz um die Hüfte und den linken Unterarm geschlungen. In den Händen hält er einen Stab mit gelbem Knauf und braunem Schaft sowie einen Bogen (?) mit ockerfarbenem Holz und braunroter Sehne.
6. Vulcanus mit grauen Haaren und grauem Vollbart. Er trägt einen rotbraunen Lendenschurz, der über den linken Arm geschwungen ist. In der rechten Hand hält er einen Schmiedehammer mit einem rotbraunen Schaft und einem weißen Kopf. In der linken Hand hält er eine ockerfarbene Opferschale. Neben ihm steht ein weißer Altar.
7. Venus mit hellblonden, kurzen, lockigen Haaren. Um die linke Schulter und den linken Unterarm trägt sie ein hellgelbes Tuch. In der rechten Hand hält sie einen scheibenförmigen gelben Spiegel, in der linken Hand eine ockerfarbene Opferschale, neben ihr steht ein weißer Altar.

Über einem Gesims darüber erhebt sich die eigentliche Säule. Der Schaft der Säule ist geschuppt. Die an das Blattwerk eines Baumes erinnernden Schuppen besitzen eingeritzte braunrote Konturen, das Blattwerk ist dunkelgrün mit hellgrüner und ockerfarbener blütenartiger Zeichnung. Auf dem Schaft befindet sich im unteren Bereich ein braunroter Ring. Das Kapitell besteht aus Akanthusblättern sowie aus vier weiß- und rotbemalten Voluten, darüber ein grauweiß und rot bemaltes Kreuz mit rotblond gelockten Gesichtern. Darauf befindet sich ein weißer quadratischer Stein (Abakus).
Oben auf der Säule befindet sich die Gruppe aus Jupiter zu Pferde und Gigant: Jupiter trägt rotbraune Stiefel und einen gelben Brustpanzer. In der rechten Hand hält er ein Bündel aus sechs Blitzen. Der Gigant stützt sich mit beiden Armen auf dem Boden auf. Die Füße des Giganten bestehen aus giftgrünen Schlangen mit weit aufgerissenem Maul und weißen und schwarzen Augen. Das graue Pferd besitzt eine Bürstenmähne mit braunen und braunroten Strähnen. Seine weißen Augen mit braunroten Pupillen sind weit aufgerissen und nach oben gerichtet. Die Schnauze ist weiß, die Lefzen und Nüstern sind rosa, der Schwanz dunkelbraun. Es besitzt graue Hufe und weiße Fesseln. An den Schläfen, an den vorderen Oberschenkeln und Hinterbacken trägt es gelbe Phaleren. Außerdem besitzt es eine hellblaue Satteldecke.

Vor allem aus den ostgallischen Provinzen des Römischen Reiches des 2. und 3. Jahrhunderts sind die so genannten Jupitergigantensäulen bekannt. Sie stellen zwischen Mosel und Rhein eine gallorömische Neuschöpfung dar, wobei keltische und römische Glaubensvorstellungen miteinander vermischt wurden. Es handelt sich um die Verschmelzung eines keltischen Himmels- und Vegetationsgottes mit dem römischen obersten Gott Jupiter. Bei dem in der Interpretatio Romana als Jupiter Optimus Maximus angesprochenen Reiter lassen sich einheimische, sicher keltische Züge nachweisen.

Der Typus der Jupitergigantensäule entstand unter dem Einfluss einer großen Mainzer Jupitersäule aus dem Jahre 59/60 n. Chr., auf der sich noch eine einzelne große Bronzestatue des Jupiter befand. Die ersten Nachfolger entstanden in der Gegend um Mainz. Gegen Ende des 1. Jahrhunderts entstand dann die später typische Darstellung: Jupiter in der Rüstung reitet über den schlangenbeinigen Giganten hinweg. Die große Zeit der Jupitergigantensäulen fällt dann in die Periode zwischen 160/70 und 240 n. Chr.

Der Aufbau der Säulen ist einheitlich: Die Basis bildet ein meist viereckiger, mit Götterbildern geschmückter Sockel, der so genannte Viergötterstein. Bei den Göttern handelt es sich in der Regel um Juno, Merkur, Minerva und Herkules. Diese Kombination leitet sich von einer Darstellung im Jupitertempel auf dem Kapitol in Rom ab, wo Jupiter mittig thront, zu seiner Rechten Minerva und Herkules, zu seiner linken Juno und Merkur. In manchen Fällen folgt auf den Sockel ein zweiter, achteckiger Stein mit Reliefs der Planetengötter, die die Wochentage symbolisieren, und einer Inschrift. Im Saarland gibt es jedoch keine Belege für diesen achteckigen Stein. Über einem Gesims darüber erhebt sich die eigentliche Säule, die mit ihrer Verzierung an einen Baumstamm erinnert. Die Schuppen sind dem Blattwerk eines Baumes nachempfunden. Den Abschluss bildet ein Kapitell mit einer Reitergruppe: Jupiter zu Pferde und mit einem Blitz in der Hand reitet über einen Giganten hinweg. Dies symbolisiert den Sieg des allumfassenden Himmelsgottes über das irdische Chaos.

Die Höhe der Säulen reicht von 3,5 m bis 10,0 m, kann jedoch bis zu 15 m erreichen (Merten in Lothringen).

Jupitergigantensäulen standen an Wegkreuzungen, auf Feldern, hauptsächlich jedoch bei römischen Siedlungen, Gehöften und in Tempelbezirken, meist verbunden mit einer kleinen Einfriedung und einem Altar zu Ehren des Gottes Jupiter. Dort fanden Opferungen an den Beschützer des Ackerlandes, der Ernte und des Gehöftes statt.

Im Saarland wurden Einzelteile und Skulpturenbruchstücke von über 30 Exemplaren dieser Säulen gefunden. Vier davon standen nachweislich in einem Tempelbezirk. Bei sieben Bruchstücken handelt es sich um Viergöttersteine.

Aus Schwarzenacker stammen aus dem Bereich nördlich des barocken Brunnens im Edelhof verschiedene Fragmente einer Jupitergigantensäule: der Kopf (2008RMS0276) sowie die Hand des Giganten (2008RMS0206) und ein Oberschenkel des Reiters (2008RMS0800). Die zugehörige Säule wurde noch nicht gefunden. Ein entsprechender Säulenstummel ist überliefert, stimmt im Material jedoch nicht überein. Das Hinterteil eines Pferdes (2008RMS0278) fand sich am Ohligberg. Aus Schwarzenacker ist des Weiteren ein thronender Jupiter überliefert, eine für Jupitergigantensäulen einzigartige Art der Darstellung.

Literatur

Bauchhenß, Gerhard: Die Jupitergigantensäule in der römischen Provinz Germania superior. (= Beihefte Bonner Jahrbücher, 41), 1981, S. 5-262
Frenz, Hans G.: Denkmäler römischen Götterkultes aus Mainz und Umgebung, Bonn, 1992
Kolling, Alfons: Die Römerstadt in Homburg-Schwarzenacker, Homburg-Saarpfalz, 1993, S. 120f., Abb. Tafel 113-114
Schumacher, Franz-Josef: Jupitergigantensäulen. An heiliger Stätte. Römische Kulte und Heiligtümer an der Saar, Saarbrücken, 2006, S. 63-66