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Glasscheibe

Archäologiepark Römische Villa Borg


Herstellung: 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. (römische Kaiserzeit)
in: Borg

Merkmale

Inventarnummer:
2005-16427
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Fensterglas
Material:
Technik:
poliert (feuerpoliert)
gezogen
Maße:
Gesamt: B: 3,9 cm (max.), L: 4,4 cm (max.), B: 1 cm (min.), L: 2,85 cm (min.), B: 0,3 cm (Stärke Stück 1 blaugrün), B: 0,35 cm (Stärke Stück 1 braun), B: 0,45 cm (Stärke Stück 2 blaugrün), B: 0,35 cm (Stärke Stück 2 braun)

Beschreibung

Vier Bruchstücke von Fensterglas, zwei von blaugrüner Farbe, eines davon mit einer umbiegenden abgebrochenen Kante und einer perlmuttartig schillernden Oberfläche, zwei bräunliche Fragmente, bei allen Stücken jeweils beide Seiten spiegelnd glatt.

Fensterglas nutzten die Römer ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. Fundhäufungen in Handwerkervierteln deuten auf eine "industrielle" Fertigung hin.

Es gab zwei verschiedene Techniken, um Fensterscheiben herzustellen. Die ältere Methode ist als "Gussglas" bekannt. Diese Technik ergab ungleichmäßig dicke Scheiben, die wie die vorliegenden Stücke auf einer Seite feuerpoliert bzw. "glänzend" sowie mit Vertiefungen versehen sind und auf der anderen eine mattierte Oberfläche besitzen.

Die jüngere Methode nennt sich "Zylinderglas". Mit dieser Technik erhält man gleichmäßig dicke, beidseitig glänzende Scheiben. Diese sehr bekannte Methode wurde im Mittelalter erstmals beschrieben und wurde bis ins 19. Jahrhundert eingesetzt. Bei dieser Technik wird ein Glaszylinder geblasen, danach werden dessen beide Enden geöffnet, dann wird der Zylinder längs aufgetrennt, wieder erhitzt und flach ausgebreitet.

Das Wissen um die genaue Herstellungsweise des römischen Gussglases ist am Ende der Antike verloren gegangen. Untersuchungen der experimentellen Archäologie, die die Herstellungsmarken von originalen Stücken des Gussglases berücksichtigten, ergaben folgende Vorgehensweise:

Das geschmolzene Glas wird auf eine angefeuchtete Oberfläche gegossen und sofort mit einem großen, gewässerten Holzblock ausgebreitet. Die runde Scheibe wird dann durch ständiges Wiedererhitzen und Überarbeiten in eine rechteckige Form gebracht.

Dazu wird ein Teil des Glases heiß und flexibel gehalten, während das andere Teil etwas abkühlt. Der kühlere Teil wird mit einer Zange gezogen, so dass man eine Ecke erhält. Und mit weiterem Erhitzen und Dehnen wird aus der runden Scheibe letztendlich ein Rechteck. Die benutzen Werkzeuge waren Metallstäbe, Haken und Zange. Die von ihnen verursachten Spuren auf der fertigen Scheibe passen zu denen auf den originalen römischen Fensterscheiben.

Untersuchungen an Fensterglasfragmenten aus dem Rheinland (Komp 2007; dies. 2009) haben gezeigt, dass im 1. Jahrhundert n. Chr. blaugrünes bis blaugrün-bläuliches Fensterglas bei weitem dominierte. Im Verlauf des 2. Jahrhunderts sank sein Anteil dann rapide ab, während rein grünes und grünliches Fensterglas stetig zunahm, um im 3. und 4. Jahrhundert dann zu dominieren. Farbloses Fensterglas hatte seine größte Beliebtheit (wie auch farblose Glasgefäße) vor allem im 2. und 3. Jahrhundert.

Literatur

Taylor, Mark: An experiment in the manufacture of Roman window glass (= Glass News, 9), Januar 2001
Komp, Jennifer: Römisches Fensterglas aus dem Rheingebiet. Archäologisch-naturwissenschaftliche Studien zu seiner Herstellung, Qualität
und Verbreitung sowie der Zusammensetzung der verwendeten Rohgläser (= Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde, 5), Frankfurt, 2007, S. 1-12
Komp, Jennifer: Römisches Fensterglas. Archäologische und archäometrische Untersuchungen zur Glasherstellung im Rheingebiet (= Berichte aus der Geschichtswissenschaft), Herzogenrath: Shaker, 2009