Kopie eines Zeitungsartikels Kopie eines Artikels aus der Saarbrücker Zeitung vom 23.Juli 1876
Saarbrücken, 22.Juli. Der Marpinger Muttergottesschwindel wirft seine Schlagschatten auch bis ins benachbarte Lothringen, woselbst er gleich nach seinem ersten Auftreten schon ruchbar war. Ebenso ist inzwischen dem biedern Lothringen bekannt geworden, dass die Versammlungen an der Wunderstätte verboten und der Platz selbst von Militär geräumt worden ist.
Um so erstaunlicher aber ist es, daß in den katholischen lothringischen Dörfern jetzt folgendes Mährchen colportirt wird: Als die Soldaten den Platz bei Marpingen gesäubert und die Volksmenge sich zerstreut hatte, sei mitten auf der Stelle, an der angeblich früher die Muttergottes erschienen sein soll, ein großes Kreuz, umgeben von 4 hellstrahlenden großen Kerzen zu sehen gewesen. Als eine Anzahl Soldaten unter Anführung eines Offiziers sich dem Kreuze näherten, um es zu entfernen, hätten sie einen Schlag wie von einer elektrischen Batterie, empfangen und hätten trotz mehrmaligem Versuch von ihrem Vorhaben abstehen müssen. Auch sei nachts über der Wunderstätte ein Engel mit flammendem Schwert erschienen. Das Kreuz aber stehe noch immer, und niemand vermöge, es zu entfernen. Solche einfältigen Mährchen erzählen heute hier die zu Markte kommenden Landleute unserer nächsten lothringischen Nachbardörfer, die überdies steif und fest an den Muttergottesschwindel in Marpingen glauben, und nur bedauern, dass ihm durch die Soldaten ein so rasches Ende bereitet worden ist. Nun, man kennt ja die Quelle, aus welcher derartige Wundergeschichten fließen, und von wo aus sie mit Vorliebe gepflegt werden, und der alte Satz behält wieder einmal auch in Lothringen recht: 'Clericus, clericum non decimat!'