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Reit- / Zugtierzubehör

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0307
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Reit- / Zugtierzubehör
weitere Objektbezeichnung:
Klapperbleche/Ringscheiben
Material:
Technik:
gegossen
Maße:
Gesamt: D: 16,1 cm, D: 21,5 cm

Beschreibung

Klapperbleche/Ringscheiben.

Bei den gelochten Bronzeblechscheiben handelt es sich um vier Klapperbleche (inkl. zwei kleineren Ringscheiben), welche zu einem Pferdegeschirr gehörten und an der Schirrung zweier Pferde befestigt waren, die während des Bestattungszuges eines Mannes der Führungsschicht den wahrscheinlich vierrädrigen Leichenwagen zogen. Sie erzeugten bei der Fahrt ein blechernes Klappergeräusch und wurden nach den Kulthandlungen der Bestattung zusammen mit anderen Bronzeobjekten (Tüllenmeißel, Phalere, Arm- und Fußringe) als Opfergabe an die Götter im Boden deponiert (Hortfund in der Flur "An der Osterwiese" in Reinheim).
Die beiden größeren Lochscheiben (21,5 und 16,1 cm Durchmesser) sind mit Befestigungsstäben mit Ösen ausgestattet. Die jeweils Äußeren dienten der Aufhängung der Bleche, während in die innere Öse des größten Bleches, ebenso wie in eines der beiden, sich beidseitig des Befestigungsstabes der zweitgrößten Scheibe befindlichen, kleinen runden Löcher, höchstwahrscheinlich die zwei jeweils kleineren Bleche, in ähnlicher Konstruktion mit Ösen versehen, frei beweglich eingehängt waren. Durch das Aufeinanderschlagen der verschiedenen Bronzebleche entstand das metallene Klappergeräusch. Die großen Lochscheiben weisen am unteren Rand zusätzlich kreisrunde Öffnungen auf.

Die Scheibenbleche sind in das 9. Jh. v. Chr. zu datieren und gehören somit der späten Bronzezeit an (1330 - 800 v. Chr.). Hortfunde aus dieser Zeit werden im Saar-Mosel-Raum auch als "groupe Sarre-Lorraine" bezeichnet und bestehen in ihrer Maximalausstattung stets aus drei Objektgruppen, die zu den Statussymbolen der Führungsschicht gehörten: Männerwaffen, Pferdegeschirr als Hinweis auf von Pferden gezogene Wagen und Frauenschmuck, insbesondere Fußringe, welche während des Bestattungszuges paarig von mehreren Frauen getragen worden waren.
Die Späte Bronzezeit wird aufgrund der zahlreichen Brandbestattungen auch als "Urnenfelderzeit" bezeichnet. Der Leichenbrand des Toten wurde in einem Gefäß (einer Urne) beigesetzt. Der Wandel von Körper- zu Brandbestattungen wird als religiöses Umdenken in der Gesellschaft interpretiert. Man geht davon aus, dass mit dem Eintreten neuer Bestattungsriten ein Wandel in den jeweiligen Jenseitsvorstellungen stattgefunden haben muss. Hochrangige Personen wurden allerdings weiterhin - nunmehr mit kostbaren Beigaben - in Körpergräbern unter Grabhügeln bestattet. Dabei handelt es sich mitunter um ganze Wagen, die mit weiteren, oben bereits genannten, Grabbeigaben ins Grab gelangten.
Das 9. Jh. v. Chr. stellt im Raum nördlich der Alpen eine Phase vieler Veränderungen dar: Nach jahrhundertelanger Dominanz des Flachbrandgrabes gewann, von Westeuropa ausgehend, die Körperbestattung unter einem Grabhügel für die Führungsschicht weiterhin an Bedeutung. Die Sitte der Hortdeponierungen erlosch am Ende der Bronzezeit zunächst, wurde aber in der nachfolgenden Hallstattzeit ebenfalls in Form von Grabbeigaben wieder aufgenommen. Durch Verknappung des im Bergbau gewonnenen Kupfers hoher Qualität (Hauptbestandteil der Bronze) verschlechterte sich die Haltbarkeit der geschmiedeten Bronzeobjekte, was am Ende der späten Bronzezeit zum Niedergang des Bronzehandwerks in dieser Region, und zur Übernahme des Eisens, eines im Orient und im Mittelmeerraum schon seit dem 3. Jahrtausend genutzten Werkstoffes, führten.

Die Bronzeobjekte sind sehr gut erhalten - sie weisen lediglich ein wenig Patina auf.

Literatur

Kolling, Alfons: Späte Bronzezeit an der Saar und Mosel (=Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde, 6), Saarbrücken, 1968, S. 189, Nr. 85, Abb. Tafel 61-63
Bertemes, F.: Der Hortfund von Reinheim. Saar-Pfalz-Kreis. (=Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 18), 1988, S. 68-69, Abb. Nr. 20
Reinhard, Walter: Kelten, Römer und Germanen im Bliesgau (=Denkmalpflege im Saarland, 3), Reinheim, 2010, S. 18-21, Abb. Nr. 7-9
Reinhard, Walter: Die keltische Fürstin von Reinheim, Blieskastel, 2004, S. 49 71