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Pentagondodekaeder

Römermuseum Schwarzenacker


Herstellung: Original: ca. 50-275 n. Chr. (frühe bis mittlere römische Kaiserzeit)
in: Schwarzenacker

Merkmale

Inventarnummer:
2008RMS0196
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Pentagondodekaeder
Material:
Bronze (Kopie, Original)
Bronze (Kopie
Original)
Technik:
gegossen
geschnitten
geglättet
gedreht
Maße:
Gesamt: H: 7,8 cm, B: 3,2 cm (Abstand Knöpfe), D: 4,2 cm (Knopf)

Beschreibung

Kopie eines Pentagondodekaeders. Der hohle Würfel besteht wie das Original aus Bronze und hat 12 regelmäßige Fünfeckflächen (griechisch: pentagon = Fünfeck, dodeka = zwölf). Er besitzt somit 20 Ecken und 30 Kanten, die auf 100 Diagonalen beruhen. Auf den Ecken sitzen kugelförmige, reichlich unregelmäßige Knöpfe. In den Flächen sind unterschiedlich große Öffnungen, von denen zehn von drei konzentrischen Kreisen umgeben sind. Die Durchsichtsachsen haben jeweils ein großes und ein kleines Loch, kein Durchmesser ist dem anderen gleich. Zwei gegenüber liegende Öffnungen haben keine konzentrischen Kreise und das hier sehr dünne Material ist eingerissen. Offenbar ging durch das betreffende Lochpaar eine Halterung, möglicherweise ein hölzerner Stab, auf den der Würfel gesteckt war.

Der Würfel ist ursprünglich leicht beschädigt, etwas Fläche ist leicht ausgebrochen und es fehlen zwei Knöpfe. Innen ist die Oberfläche etwas körnig, außen geglättet, glänzend grau und braun patiniert, wobei gelbe Bronze durchscheint. Nach der Fluorreszenzanalyse ist der Würfel folgendermaßen legiert: 80% Kupfer, 15% Zinn, 10% Blei und 3% Zink, des Weiteren geringfügige weitere Substanzen. Das Fragment wiegt im Original 122 g.

Das Original wurde mit Hilfe eines Wachsmodels in verlorener Form gegossen. Die Löcher wurden eingebohrt und deren Umfeld abgedreht bzw. gefräst. Erst nachher wurden die Kugeln angelötet. Die Kugeln sind reichlich unregelmäßig, wohl zunächst in Wachs modelliert und im offenen Herdguss gewonnen worden. Sie wurden zur Lötstelle hin konisch verjüngt, damit man sie leichter anlöten konnte.

Die Funktion des Pentagondodekaeders ist bis heute nicht abschließend geklärt. Bis heute sind mehr als 100 Exemplare bekannt.

Der Pythagoräer Hippasos von Metapont in Unteritalien soll die Gestalt erfunden haben, was der heiligen Zahl 4 gegenüber als Sakrileg empfunden wurde. Deswegen habe man Hippasos, wie die Legende berichtet, im Meer ertränkt. Platon behandelte das Thema in seinem Timaios-Dialog. Er stellte den Pentagondodekaeder als die vollkommenste mathematische Figur an die Spitze seiner berühmten Reihe der idealen (platonischen) Körper, zu denen auch der Tetraeder, Oktaeder, Ikosaeder und Hexaeder (Würfel) gehören. Nach dieser Interpretation handelt es sich um einen Kultgegenstand mit symbolischer Bedeutung.

Andere Deutungen als Wurfspiel, Kerzenständer, Vermessungsgerät, Meisterstück eines Bronzegießers, Aufsatz eines Szepters oder Waffe wurden ebenso vorgeschlagen.

Die bronzenen Pentagondodekaeder finden sich ausschließlich nördlich der Alpen, und zwar in Gallien, an der Grenze zu Germanien und in Britannien, die östlichsten Exemplare stammen aus Pannonien (Westungarn). Die nächsten Vergleichsfunde zu dem Stück aus Schwarzenacker stammen aus Trier, aus dem Vicus von Dalheim (Luxemburg), aus dem römischen Gutshof von Goeblingen (Luxemburg) oder von der Höhensiedlung Alteburg bei Zell an der Mosel (Lkr. Cochem-Zell).

Im Mittelmeerraum sind diese Stücke dagegen vollkommen unbekannt. Auch werden sie in der antiken Literatur nicht erwähnt. Diese Tatsachen sprechen insgesamt für eine Erfindung in Gallien, deuten also auf einen letztlich keltischen Ursprung hin.

Literatur

Weiss, Amandus: Zu den Anwendungsmöglichkeiten des Pentagondodekaeders bei den Römern (= Archäologisches Korrespondenzblatt, 5), 1975, S. 221-224
Kolling, Alfons: Die Römerstadt in Homburg-Schwarzenacker, Homburg-Saarpfalz, 1993, S. 124f., Abb. Tafel 119-120
Greiner, Bernhard: Römische Dodekaeder. Untersuchungen zur Typologie, Herstellung, Verbreitung und Funktion (= Carnuntum Jahrbuch, 1995), 1996, S. 9-44
Faust, Sabine: Zwei neue Pentagondodekaeder aus Trier (= Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier, 35), 2003, S. 31-35
Matthäus, Hartmut: Der Arzt in römischer Zeit (= Schriften des Limesmuseums Aalen, 43), Aalen, 1989