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Mechanische Schuhreparatur-Nähmaschine

Museum Handwerkerhof


Herstellung: von bis
in: Ottweiler

Merkmale

Inventarnummer:
2017HWO0121
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Mechanische Schuhreparatur-Nähmaschine
weitere Objektbezeichnung:
Modell "Adlermatic 30-1", Firma "Kochs Adler AG" (und Regalschränkchen mit Leisten)
Material:
Holz (Schrank und Schuhmodeln)
Maße:
Gesamt: L: 68 cm, B: 28 cm, H: 46 cm

Beschreibung

Mechanische Schuhreperatur-Nähmaschine "Adlermatic 30-1" (und Regalschränkchen mit Leisten)

Beim vorliegenden Exponat handelt es sich um eine Nähmaschine, die von der Firma "Koch & Co" (später "Kochs Adler Nähmaschinenwerke AG") speziell für das Nähen von Lederprodukten, insbesondere Schuhe, konstruiert wurde.

Zu Nähmaschinen allgemein:
Die Nähmaschine dient zur mechanischen Herstellung einer Naht innerhalb eines Gewebes - hierzu werden ein oder mehrere Fäden (Nähgarn) durch Nähen miteinander verknüpft, wobei der sogenannte Oberfaden zuvor mit einer Nadel durch das Gewebe/Nähgut geschoben wird. Ein Greifer übernimmt danach einen Teil des zunächst an der Nadel anliegenden Oberfadens; dieser muss dem Greifer zuvor zugänglich gemacht werden. Das erfolgt meist durch den Schlingenhub, eine Nadelbewegung, die nach dem unteren Totpunkt der Nadel in Richtung Ausstich erfolgt und den Faden von der Nadel löst. Um die folgende Verschlingung zu bewerkstelligen, gibt es - gemäß der verschiedenen technischen Möglichkeiten - mehrere Maschinentypen, etwa die Doppelsteppstichmaschine, die Kettenstichmaschine oder die Überwendlichmaschine. Es gibt weitere Unterscheidungen nach den unterschiedlichen Typen. Die Grundform der Nähmaschine ist die rechtsständige Flachbettnähmaschine. Für besondere Arbeitsgänge sind entsprechende Nähmaschinenformen entwickelt worden, die wie folgt zu unterscheiden sind: Flachbett-, Sockel-, Säulen-, Freiarm- und Blocknähmaschine. Es wurden auch vereinzelt linksständige Nähmaschinen gebaut, und die Armmaschine unterteilt sich in Freiarm-, Armabwärts- und Armaufwärtsnähend. Die Säulenmaschine gibt es in mehreren Säulenhöhen und -konstruktionen sowie mit drehbarer Kurbelsäule in verschiedenen Ausführungen. Zunächst mechanisch mittels einer Handkurbel oder durch ein Fußpedal angetrieben (industriell auch mittels Transmission), gab es seit 1890 auch elektrische Nähmaschinen. Die meisten Industrienähmaschinen wurden und werden mit einem vierbeinigen Eisengestell und einer darauf befestigten Tischplatte zu einer auf dem Fußboden stehenden transportablen Näheinheit montiert. Der elektrische Antriebsmotor befindet sich dabei oft unter der Tischplatte, die Kraftübertragung erfolgt dann - wie beim mechanischen Fußantrieb - über Keilriemen. Nach mehreren Vorläufern entstanden die ersten arbeitsfähigen Nähmaschinen Ende des 18. Jhds. in England (Kettenstichmaschine für Leder von Thomas Saint) und ab 1800 in Deutschland - der erste Nähmaschinenfabrikant der Welt war der Franzose Barthélemy Thimonnier, der das1830 patentierte Nähmaschinengrundmodell "Couseuse" in Paris in Serie produzieren ließ. Obwohl der US-Amerikaner Elias Howe bis 1846 die Doppelsteppstichnähmaschine erfunden hatte, produzierte erst die Firma Singer ab 1851 diese Maschinen serienmäßig.

Zur Firma "Adler":
Nachdem die industrielle Revolution Bielefeld zu einem bedeutenden Textilstandort gemacht hatte, und bei den nähenden Betrieben der Bedarf nach Nähtechnik angewachsen war, gründeten die beiden Schlosser Baer und Koch im Jahr 1860 die erste Bielefelder Nähmaschinenfabrik. Aufgrund des enormen Erfolges entschloss Baer sich fünf Jahre später, einen eigenen Betrieb zu gründen. Koch firmierte im Folgenden unter dem Namen "Koch & Co" und beschäftigte die beiden Nähmaschinenmechaniker Dürkopp und Schmidt. Dürkopp hatte bereits 1861 seine erste Nähmaschine konstruiert und machte sich seinerseits 1867 mit Schmidt als "Dürkopp & Schmidt" selbständig. In Bielefeld entstanden viele weitere Nähmaschinenfabriken (1880 waren es bereits 19). "Dürkopp & Co" - wie das Werk nach dem Ausscheiden Schmidts heißt - sowie "Koch & Co" (und andere Bielefelder Firmen) produzierten aufgrund ihrer Suche nach neuen Absatzmärkten erfolgreich Fahrräder (seit 1885). Während Dürkopp stetig bemüht war, neue Geschäftsfelder für sein Unternehmen zu erschließen (u. a. auch mit Motorrädern und Automobilen), konzentrierten sich "Koch & Co" auf den Bereich der industriellen Näh- und Bekleidungstechnik. Ihr Markenname "Adler" wurde zum Synonym für international vertriebene und begehrte Spezialnähmaschinen, beispielsweise für Ledernähmaschinen. 1895 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt - sechs Jahre später in "Kochs Adler AG" umgenannt. "Kochs Adler Nähmaschinenwerke AG", wie sich das Unternehmen seit 1920 nannte, stellten im selben Jahr die Fahrradproduktion ein, versuchten jedoch nach dem zweiten Weltkrieg mit der Produktion von Schreibmaschinen und Verpackungsmaschinen, in neue Geschäftsfelder vorzudringen. Diese Versuche bleiben relativ erfolglos. Auch die "Dürkoppwerke AG" beschränkte sich seit Anfang der 1960er-Jahre auf die Produktbereiche Industrienähmaschinen und Förderanlagen. 1962 wird die Aktienmehrheit der "Dürkoppwerke AG" durch die "FAG Kugelfischer" übernommen - im Jahr 1987 auch die Mehrheit der Aktien der "Kochs Adler AG", womit der Weg für die Fusion der beiden zuvor konkurrierenden Nähmaschinenfabriken geebnet war. Seit 1990 firmieren sie als "Dürkopp Adler AG" in den neuen Firmengebäuden in Bielefeld-Oldentrup, wurden jedoch zusammen mit der FAG im Jahr 2002 von der "INA-Holding" übernommen. Drei Jahre später kaufte das chinesische Unternehmen "SGSB-Gruppe" das Aktienpaket der FAG. 2010 wurde der Bereich Lagerlogistik und -automation ausgegliedert und als "Dürkopp Fördertechnik GmbH" an die österreichische "Knapp AG" veräußert. Dennoch blieb Adler eine der weltweiten Technologieführer auf dem Gebiet der industriellen Nähtechnik. Die Produktpalette des Unternehmens umfasst technologisch hochwertige Industrienähmaschinen und -automaten für eine Vielzahl von Anwendungen wie Herren- und Damenbekleidung, Automotive, Polstermöbel, Technische Textilien, Schuhe und Lederwaren.

Zur vorliegenden Maschine:
"Koch & Co" bzw. "Kochs Adler Nähmaschinenwerke AG" hatten frühzeitig, neben der Produktion von Haushaltsnähmaschinen, die Herstellung von Spezialmaschinen für bestimmte Berufsgruppen aufgenommen. Die Schuster-Nähmaschinen der Firma waren robuste Maschinen, deren technische Ausführung sich jahrzehntelang kaum veränderte. Bei der vorliegenden Maschine handelt es sich um die Ledernäh-Variante des ersten Modells der im Jahr 1900 entwickelten "Klasse 30" - die Maschine "Adlermatic 30-1" eignet sich somit in erster Linie für Schuhreparaturen. Die vorliegende Maschine scheint der Oberflächenlackierung nach zu schließen nach dem 2. Weltkrieg hergestellt worden zu sein. Sie besitzt ein kleines Ringschiff, einen 47 cm langen, stählernen Unterarm, ein Handrad sowie eine Antriebsscheibe, welche den Antriebsriemen des heute fehlenden Fußantriebs aufnehmen konnte, und arbeitet mit einem niedrigen Hub sowie einem Nadelsystem 332 u. Varianten. Der Arm ist so schmal gestaltet, dass auch die äußerste Kappenpartie eines Schuhs genäht werden kann. Zu der Maschine dürfte früher ein stählernes Gestell mit einer Treteinrichtung (Fußantrieb) gehört haben. In der heutigen Präsentation steht die Maschine auf einem Regal-Schrank mit zahlreichen hölzernen Leisten (Schuhmodeln).