zurück

Rechenmaschine

Museum Handwerkerhof


Herstellung: von bis
in: Ottweiler

Merkmale

Inventarnummer:
2017HWO0075
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
weitere Objektbezeichnung:
Modell "Astra L"
Sachgruppe:
Signatur:

nummeriert

Maße:
Gesamt: B: 25 cm, T: 41 cm, H: 31 cm, Gewicht: 1500 g (ca. 15 kg)

Beschreibung

Rechenmaschine ("Astra")

Bei dem vorliegenden Exponat handelt es sich um eine wahlweise manuell oder elektrisch angetriebene Rechenmaschine, die von der "Astrawerke AG" zwischen 1929 und etwa 1944 hergestellt wurde. Die für seine Zeit recht handliche Büro-Maschine ist 25 cm breit, 41 cm tief und 31 cm hoch.

Zu (mechanischen) Rechenmaschinen allgemein:
Eine Rechenmaschine (Kalkulator) ist ein Gerät, mit dessen Hilfe sich mathematische Berechnungen automatisiert ausführen lassen. Dieses Rechenhilfsmittel unterstützt die Berechnung aufwändigerer mathematischer Aufgaben, indem dem Benutzer möglichst wenig kognitiver Aufwand abverlangt wird. Die Möglichkeit der Berechnungen hängt von der jeweiligen Maschine und den für dieses Gerät angebotenen Algorithmen ab.
Die ersten Rechenmaschinen wurden mechanisch per Hand angetrieben. Bis in die 1970er Jahre fanden vor allem die - Zweispezies-Maschinen genannten - Addiermaschinen, die lediglich Addition und Subtraktion beherrschten, Verwendung. Dreispezies-Maschinen konnten zusätzlich die Multiplikation und Vierspezies-Maschinen auch die Division größtenteils automatisch ausführen. Diese Rechenvorgänge gingen zumeist vergleichsweise langsam und geräuschintensiv vonstatten. Elektromechanische Rechenmaschinen waren mitunter in der Lage, auch die Quadratwurzel zu ziehen.
Der deutsche Astronom und Mathematiker Wilhelm Schickard (1592 -1635) baute im Jahre 1623 die erste urkundlich erwähnte Rechenmaschine mit Zahnradgetriebe, die die vier Grundrechenarten ausführen konnte (Additionen, Subtraktionen, Multiplikationen und Divisionen). Er erfand damit das Konstruktionsprinzip von Ziffernrad und Zehnerübertragung. Zudem war erstmals bei der Addition und Subtraktion das Ergebnis sofort ablesbar. Die Maschine rechnete allerdings nur mit Ganzen Zahlen. Der französischer Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623 - 1662) entwickelte 1642 eine Rechenmaschine für sechsstellige Addition und Subtraktion, die sog. "Pascaline". Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) konstruierte ohne Kenntnis von den Arbeiten seiner Vorgänger 1676 eine Rechenmaschine, mit der alle vier Grundrechenarten zu bewerkstelligen waren.
Zur Umsetzung von Drei- und Vierspeziesmaschinen setzten sich folgende Techniken bzw. Prinzipien durch: 1. Die Staffelwalze, 2. Das Sprossenrad, 3. Der Proportionalhebel, und 4. Der Multiplikationskörper.
1. Erfunden wurde die Staffelwalze im Jahre 1676 von Leibniz. Eine Staffelwalze ist eine Anordnung von achsenparallelen Zahnrippen mit gestaffelter Länge. Je nach Position des zweiten verschiebbaren Zahnrades wird bei einer Umdrehung der Staffelwalze dieses um null bis neun Zähne weitergedreht.
2. Der italienische Professor für Astronomie und Mathematik Polenius gilt als Erfinder des Sprossenrades und beschrieb dieses im Jahre 1709. Ein Sprossenrad ist ein Zahnrad mit beweglichen Zähnen, die sich durch Verdrehen einer Kurvenscheibe herausschieben lassen. Je nach Hebelstellung sind also zwischen 0 und 9 Zähne im Eingriff mit dem Zählrad und drehen dieses um entsprechend viele Stufen weiter.
3. Im Jahre 1905 wurde von Chr. Hamann der Proportionalhebel erfunden. Er arbeitete mit Zahlstangen, welche in einem Parallelogramm gelagert waren. Beim Schwenken des Antriebshebels werden sie jeweils um 0 bis 9 Zähne verschoben. Das verschiebbare Zahnrad wird mit der gewünschten Zahnstange in Eingriff gebracht und somit um die entsprechende Anzahl Zähne mitgenommen. Nach diesem Prinzip entstand im Jahre 1913 mit der "Mercedes Euklid" der erste Vollautomat, bei dem die Berechnung auf Tastendruck vollautomatisch ablief.
4. 1888 stellte Léon Bollé erstmals die Idee eines Multiplikationskörpers vor: Statt die Multiplikation mit einer einstelligen Zahl durch mehrfache Addition zu bewerkstelligen, sollte diese mit Hilfe eines Multiplikationskörpers in einem Arbeitsgang auszuführen sein (patentiert von Otto Staiger im Jahre 1892).

Zu den Astrawerken:
Die "Astrawerke AG" wurde 1921 von dem Konstrukteur John E. Greve in Chemnitz gegründet und produzierte erfolgreich Rechen- und Buchungsmaschinen. In der DDR-Zeit wurde der verstaatlichte Betrieb mehrfach umbenannt (u.a. "VEB Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt") und stellte unter dem Markennamen "Ascota" (seit 1959) weiterhin Buchungsmaschinen sowie von etwa 1980 bis zu seiner Auflösung (1991/'93) Bürocomputer her.

Zum vorliegenden Exponat:
Die Rechenmaschine Modell "Astra L" war eine Pultaddiermaschine, wurde seit 1929 in den Astrawerken produziert und gehört systemtechnisch zu den sog. "Zahnstangen-Maschinen". Sie besitzt als Rechenwerk eine Simplexmaschine - die Werteverarbeitung ist zweistufig, der Rechenablauf ohne Automatik. Da sich mit ihr lediglich Additionen und Subtraktionen berechnen lassen, zählt sie zu den Zweispezies-Maschinen. Als Eingabe verfügt sie über eine erweiterte Zehnertastatur, die außer den Tasten für die Ziffern 0 bis 9 erstmals noch zusätzliche Tasten für "00" und "000" hatte. Mit den zusätzlichen Tasten dieser sog. "Zwölfertastatur" konnte eine höhere Eingabegeschwindigkeit erreicht werden.
Die Ziffern 1-9 sind - entgegen der heute üblichen Anordnung - in zwei horizontalen Tastenreihen angeordnet, innerhalb derer die Ziffernfolge in einer Zickzacklinie verläuft.
Die "Astra L" besitzt zudem eine Additionstaste, eine Subtraktionstaste, eine Nichtaddiertaste für Nummern- und Datumseingabe, sowie eine Wiederholungs-, eine Summen- und eine Zwischensummentaste. Des Weiteren ist links der Tastatur ein Löschhebel zum manuellen Löschen vorheriger Eingaben vorhanden. Oberhalb der Tastatur wird die Anzahl der eingegebenen Stellen von einem Zeiger in einem Sichtfenster angezeigt. Die Kapazität umfasst hierbei 10 Stellen.
Die Maschine ist mit Hand- und Elektroantrieb ausgestattet. Die Handkurbel ist auf der rechten Seite des Metallgehäuses, der Elektromotor an der Rückseite der Maschine außerhalb des Gehäuses angebracht. Die Umschaltung von Hand- auf Elektroantrieb erfolgt mittels eines kleinen Hebels unterhalb der Additionstaste, der bei Schaltung auf Handantrieb die Sperrung der Additionstaste und bei Schaltung auf Elektroantrieb die Sperrung der Handkurbel bewirkt.
Die Ausgabe der Beträge erfolgt schriftlich mittels eines Druckwerks und einem zweifarbigen Farbband auf einer Papierrolle. Mit diesem Additionsstreifen war die Kontrolle der eingegebenen Zahlen auch im Nachhinein leicht möglich und somit wesentlich einfacher als nach der herkömmlichen Kontrollanzeige ohne Ausdruck, bei der ein angezeigter Betrag spätestens durch die Eingabe des nächsten Betrags unwiederbringlich gelöscht wurde. Positive Beträge werden in schwarz, negative in Rot ausgedruckt.