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Skulptur / Plastik / Modell

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0398
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Skulptur / Plastik / Modell
weitere Objektbezeichnung:
Kopie einer Statuette eines Hahnes
Material:
Technik:
Maße:
Gesamt: H: 6 cm, B: 5 cm

Beschreibung

Statuette eines Hahns (Kopie).

Bei dem ausgestellten Exemplar handelt es sich um eine Kopie. Das Original befindet sich im Museum für Vor- und Frühgeschichte in Saarbrücken. Es wurde im Nebengebäude B1 des Wirtschaftshofes der römischen Villa gefunden (Grabungen 1995-2006).
Die Original-Statuette des Hahns ist 6-7 cm hoch und etwa 5 cm lang. Sie datiert in das 2./3. Jh. n. Chr. Die Federung des Tiers ist mittels Ritzung detailliert widergegeben - anatomisch nicht korrekt ist jedoch der übergroße Kopf.

Der Hahn ist ein typisches Begleittier des Merkur (Mercurius) - neben Widder, Ziegenbock und Eber, diente auch der Hahn als Opfertier. Merkur war der römische Gott des Handels, des Gewerbes, des Reichtums und des Gewinns. Der Sage nach war er der Sohn des Jupiter und der Nymphe Maia. Sein Name ist von dem lateinischen Wort für Handel treiben ("mercari") abgeleitet. In Angleichung an den griechischen Gott Hermes bekam er auch einige von dessen Eigenschaften und Aufgaben zugesprochen, nämlich die Funktion des Götterboten, der Nachrichten und Geschenke übermittelt und Verirrte auf den rechten Weg zurückführt und die Führung der Seelen in die Unterwelt. Er war zudem bekannt als Gott des Zufalls, ebenso wie der List und der Tücke. Des Weiteren übernahm er von Hermes die Eigenschaft der Beredsamkeit - stets konnte er eine passende Ausrede finden und hatte außerdem eine hohe Überredungsgabe, mit der er anderen seinen Willen aufzwingen konnte.

In der Kaiserzeit war sein Kult allgemein und stark verbreitet. Künstlerisch taucht Merkur am häufigsten in den Lararien (Hausaltären) der Privathäuser auf; auch das Original der vorliegenden Kopie dürfte einst - wohl zusammen mit einer verlorenen Merkurstatuette - in einem solchen Hausaltar des Gebäudes B1 gestanden haben. Die Nebengebäude im Wirtschaftshof besaßen in der Regel über dem zu Wirtschaftszwecken vorbehaltenen Erdgeschoss ein Obergeschoss, welches als Wohnunterkunft für Angestellte der Villa diente. Eine alternative Möglichkeit der Zweckbestimmung der Statuette ist die Nutzung als Kinderspielzeug.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 44, Abb. Nr. 38
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013