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Fibel

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0450
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Fibel
weitere Objektbezeichnung:
Soldatenfibel (Eingliedrige Drahtfibel)
Sachgruppe:
Kleidung (Zubehör, Fibeln)
Material:
Technik:
gegossen
Maße:
Gesamt: L: 5 cm

Beschreibung

Soldatenfibel (Eingliedrige Drahtfibel).

Allgemein:
Die eingliedrigen Drahtfibeln haben eine viergliedrige Spirale mit unterer Sehne und sind in schlichter Art aus Bronzedraht hergestellt. Hauptmerkmal dieses Typs ist der vierkantige Draht der Federrolle. Der schmale drahtförmige Bügel bietet fast keine Möglichkeiten zur Formvariation oder Verzierung. Der trapezförmige oder rechteckige Nadelhalter ist immer voll (ungelocht) und glatt. Wie die Bezeichnung ?Soldatenfibel? vermuten lässt, findet man Fibeln dieser Art zu einem Teil in Militärlagern.
Nach vereinzelten früheren Stücken in claudischer Zeit tritt der Fibeltyp gegen Ende des 1. Jh. n. Chr. (flavischer Zeit) als Massenprodukt sehr häufig in den Kastellen des obergermanisch-rätischen Limes auf. Von seiner Ursprungsregion, den Rheinprovinzen, verbreitet er sich süd- und ostwärts in die Alpen- und Donauländer. In vielen Kastellen bleibt sie von domitianischer bis in hadrianische Zeit in Gebrauch - vereinzelt tritt sie auch noch im weiteren Verlauf des 2. Jh. und im 3. Jh. n. Chr. auf.

Die Soldatenfibel besitzt einen drahtförmigen, im Querschnitt runden bis ovalen Bügel, welcher außer dem stark gebogenen Halsknick nur sehr flach gewölbt ist. Die Spirale mit unterer Sehne ist - wie bei Soldatenfibeln üblich - viergliedrig, der Nadelhalter leicht trapezoid.

Die Fibel wurde im Zuge der Ausgrabungen im Bereich der Villa rustica in Reinheim gefunden.
Sie ist komplett mit Spirale und Nadel erhalten und trotz Korrosionsspuren und einer Abbruchstelle an Nadelhalter in einem noch als gut zu bezeichnenden Zustand.
Sie entspricht dem Typ Riha 1.6.2, Nrn. 112, 113; Ettlinger, Typ 4; Heynowski, Typ 3.14.9. und ist in das Ende des 1. Jh. oder die 1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr. zu datieren.

Bei Fibeln handelt es sich um Gewandspangen - mit ihnen wurden in der Antike Gewänder zusammengehalten. Sie gehörten sowohl bei Frauen als auch bei Männern zur alltäglichen Tracht und fanden dementsprechend allgemeine Verbreitung. Über ihre rein praktische Funktion hinaus waren sie in ihren stilistischen Ausformungen nach Typ und Aussehen wechselnden Modeerscheinungen unterworfen, weshalb sie sich sehr gut zur Datierung entsprechender Fundschichten und Fundzusammenhänge eignen.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Das Hauptgebäude weist einen H-förmigen Grundriss auf, erstreckt sich über 80 x 60 m und verfügte in seiner größten Ausbauphase im frühen 3. Jh. n. Chr. allein im Erdgeschoss über 50 Räumlichkeiten, die zusammen mit Gängen und Portiken eine Fläche von 2.550 m² einnahmen.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Riha, Emilie: Die römischen Fibeln aus Augst und Kaiseraugst, 1979, S. 59-61, Abb. Tafel 3, Werkverzeichnis Nr. 112, 113
Heynowski, Ronald: Fibeln. erkennen - bestimmen - beschreiben (=Bestimmungsbuch der Archäologie, 1), Berlin - München: Deutscher Kunstverlag, 2012, S. 72, Abb. Nr. 3.14.9
Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013