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Speer- / Lanzenspitze

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0431
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Speer- / Lanzenspitze
weitere Objektbezeichnung:
Jagd-Speerspitze mit Tülle
Material:
Technik:
geschliffen
Maße:
Gesamt: B: 3 cm (ca.), L: 28 cm (ca.)

Beschreibung

Jagdspeerspitze.

Bei dem ca. 25 cm langen Objekt handelt es sich um eine Speerspitze aus Eisen, welche aus der eigentlichen, beidseitig eines versteifenden Mittelgrates zu Schneiden geschärften, flachen und spitz zulaufenden (lanzettförmigen) Spitze und einer geschlossenen Tülle zur Schäftung besteht. Der ursprünglich dazugehörige Lanzenstiel (Schaft) aus Holz ist vergangen. Der Speer diente höchstwahrscheinlich zur Jagd - römische Militärspeere (Contus und pilum) hatten eine wesentlich länger ausgezogene - nicht mit vorliegendem Exemplar vergleichbare - Eisenspitze (Vierkantspitze).
Die Eisenspeerspitze weist starker Korrosionsspuren auf, ist aber in ihrer Form noch gut erhalten. Sie wurde im Wirtschaftshof (pars rustica, Nebengebäude) der römischen Villa von Reinheim gefunden und lässt sich nur allgemein in die Römische Kaiserzeit bzw. die Nutzungszeit der Villa datieren (2. H. 1. Jh. bis 4. Jh. n. Chr.).

Zu Speeren:
Der Speer stellt die älteste Waffe (Distanzwaffe) der Menschheit dar und ermöglichte es, einen Feind oder ein zu erbeutendes Tier ohne Gefahr für Leib und Leben aus sicherer Reichweite zu verletzen oder zu töten.
Schon lange bevor die Menschen mit Steinmesser, Axt und Bogen auf die Jagd gingen, benutzten sie lange, spitze Stöcke, um ihre Beute zu erlegen. Das älteste Relikt eines Speers ist eine hölzerne Speerspitze aus Essex in England - sie wird auf ein Alter von ca. 400.000 Jahre geschätzt. Bereits in der mittleren Steinzeit (ab ca. 60.000 v. Chr.) waren Speerspitzen aus Stein und Horn in Gebrauch, die mittels Sehnen oder Pflanzenfasern am Speer-Schaft (Stiel) befestigt wurden. Mit dem Beginn der Bronzezeit um 2000 v. Chr. wurden Speerspitzen schließlich aus Metall (Bronze) gefertigt - ab 500 v. Chr. traten zunehmend eiserne Lanzen-Spitzen auf.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013