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Ernte- / Mäh- / Beschneidewerkzeug

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0424
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Ernte- / Mäh- / Beschneidewerkzeug
weitere Objektbezeichnung:
Eisernes Sensenblatt
Sachgruppe:
Material:
Technik:
geschliffen
genietet
Maße:
Gesamt: B: 5,5 cm, L: 35,5 cm

Beschreibung

Eisernes Sensenblatt.

Die eiserne Sensenklinge wurde im Nebengebäude B1 des Wirtschaftshofes der römischen Villa gefunden (Grabungen 1995-2006). Sie besitzt ein schlaufenförmig umgeschlagenes und mit einem Niet am Blatt befestigtes Ende, ist 35,5 cm lang und ca. 5,5 cm hoch - ein kleiner Teil der Spitze ist abgebrochen. Der ursprünglich in die Endschlaufe eingeschobene/eingesetzte Holzgriff/-schaft ist vergangen.

Die Sense ist ein Werkzeug zum Mähen von Gras, Getreide und kleinen Büschen. Die ersten beidhändig zu führenden Sensen tauchen zu Beginn der Eisenzeit in Mitteleuropa auf. Sie hatten noch einen relativ kurzen Stiel, wobei Blatt und Stiel sich auf einer Ebene befanden. Das Arbeiten war so nur in gebückter oder hockender Stellung möglich. In der Latènezeit entwickelten sich aus diesen Vorläufern die moderne Sense mit längerem Stiel und abgewinkeltem Blatt, so dass ein bodennahes Abschneiden der Pflanzen in aufrechter Stellung möglich war. Diese Sensen befanden sich dann auch bei den Römern, Kelten, Germanen und Slawen im Einsatz.

Das vorliegende Sensenblatt dürfte aus der Phase stammen, in der das Nebengebäude B1 als Scheune genutzt wurde (etwa Mitte des 2. Jh. bis Ende des 3. Jh. n. Chr.) - in dieser Zeit wies der den hölzernen Vorgängerbau ersetzende Steinbau zwei breite Tordurchfahrten mit zugehörigen Rampen auf, welche für das Einfahren von Wagen vorgesehen waren.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 39-43, 45, Abb. Nr. 40
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013