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Gegenstand unbekannter Funktion

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0412
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Gegenstand unbekannter Funktion
weitere Objektbezeichnung:
Bleigürtel - Band mit Stacheln
Sachgruppe:
Material:
Technik:
Maße:
Gesamt: B: 10 cm, L: 38 cm

Beschreibung

Band mit Stacheln.

Bei dem Objekt handelt es sich um eine Art Bleigürtel mit Zacken und hiebartig eingeschlagenen Kerben unbekannter Funktion, welches im Zuge der Ausgrabungen im Bereich des Wirtschaftshofes (pars rustica) der Villa in Nebengebäude B8 gefunden wurde. Das gebogene Band ist etwa 38 cm lang und maximal ca. 10 cm breit. Blei diente zur Herstellung von Wasserleitungsrohren und als Abdichtmaterial zur Auskleidung von Aquädukten und Wasserbecken. Das vorliegende Blech könnte ursprünglich von einer solchen Beckenauskleidung stammen (die stachelartigen Erhebungen wären demnach die Positiv-Abdrücke/ -ausstülpungen der zur besseren Haftung im steinernen Bodenmaterial der Beckensole mit Meißeln eingebrachten Vertiefungen). Dies bleibt aber lediglich eine Spekulation. Zu welchen Zwecken das Objekt - neben seinem reinen Material-/Rohstoff-Wiederverwertungswert - in seiner vorliegenden Form sekundär gedient haben könnte, lässt sich vorläufig nicht klären.
Besonders in der späten Nutzungsphase der Villa wurden in den Nebengebäuden oftmals Werkstätten eingerichtet: Das Gebäude B8 diente im 2./3. Jh. n. Chr. höchstwahrscheinlich als Wohnung eines Gutsverwalters (Wohnluxus mit beheiztem Raum und Bad), bevor es einem Funktionswandel unterlag. Das Objekt lässt sich in seiner vorliegenden Form vermutlich in die späte Nutzungsphase der Villa rustica von Reinheim, als in den Wirtschaftsgebäuden u.a. Materialien bearbeitet wurden, datieren (ca. 280 - 350 n. Chr.).

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016, S. 37-43,
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013