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Spiegel

Europäischer Kulturpark Reinheim


Herstellung: von bis

Merkmale

Inventarnummer:
2013REI0364
Anzahl:
1 Stück
Objektbezeichnung:
Spiegel
weitere Objektbezeichnung:
römischer Spiegelgriff
Sachgruppe:
Zubehör (Frauen)
Material:
Technik:
Maße:
Gesamt: D: 1,5 cm, D: 0,6 cm, L: 9 cm

Beschreibung

Spiegelgriff.

Bei dem Objekt handelt es sich um einen stangenförmiger Spiegelgriff mit rundem Querschnitt, perlstabartiger Reliefierung und konischen Enden aus Bronze. Er ist etwa 9 cm lang und hat einen Durchmesser von 0,6 bis 1,5 cm. Der Haltegriff ist bis auf geringe Korrosionsspuren gut erhalten - der ursprüngliche Spiegel selbst fehlt. Das Exemplar dürfte aus dem späten 2. oder dem 3. Jh. n. Chr stammen.

Als Spiegel (von lat. speculum "Abbild" zu specere "sehen") versteht man eine reflektierende Fläche, welche glatt genug sein muss, dass reflektiertes Licht gemäß dem Reflexionsgesetz seine Parallelität behält und somit ein Abbild entsteht. Die ersten von Menschen erschaffenen Spiegel entstanden wahrscheinlich schon in der Kupfersteinzeit oder in der Bronzezeit, indem man die seit diesen Zeiten verfügbaren Metalle zu diesem Zweck polierte. Um 3000 v. Chr. gab es bereits in Mesopotamien solche Spiegel aus Bronze. In Çatalhöyük wurden Spiegel aus Obsidian gefunden. In Ägypten treten Spiegel aus polierten Bronze und Kupfer seit dem Alten Reich auf - sie sind durch bildliche Darstellungen und Funde hinreichend belegt, da sie zur Standardausstattung von Frauenbestattungen gehörten. Diese Spiegel waren in der Regel rund und hatten zumeist einen reich verzierten Griff aus einem anderen Material. Bei allen genannten Beispielen handelt es sich um Handspiegel mit Griffen. Etruskische und griechische Spiegel wurden auf der Rückseite oftmals reich mit figürlichen Szenen dekoriert. Bei römischen Spiegeln kommen die langen Griffe weniger häufig vor, lassen sich aber weiterhin nachweisen. Die ersten Spiegel mit einer Spiegelfläche aus Glas werden bereits von Plinius dem Älteren um 77 n. Chr. beschrieben, die ältesten erhaltenen Exemplare stammen jedoch aus dem 2. Jh. n. Chr. Auch sie sind in der Regel rund, während das Glas innerhalb einer Metallfläche eingelassen ist.

Zur Villa:
Die Villa wurde in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. ca. 300 m nördlich des kurz zuvor entstandenen vicus von Bliesbruck über einer Nekropole aus der späten Bronze- und Eisenzeit errichtet. Das ländliche Domizil weist eine Gesamtgröße von 7 ha auf und gliedert sich in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) mit Hauptgebäude und ein längsaxiales, von einer Mauer umschlossenes Hofareal (pars rustica)mit zwölf Wirtschaftsgebäuden. Dies entspricht einem charakteristischen Bautypus der gallischen und germanischen Provinzen, welcher im römischen Mutterland nicht vorkommt und auf einheimisch-keltische Traditionen zurückgeht. Bisher sind über 130 solcher Villenanlagen bekannt. Die Villa von Reinheim überragt die anderen lokalisierten Anwesen der Umgebung an Größe und Repräsentation und streicht so den privilegierten Status seiner Erbauer heraus (soziale Oberschicht Ostgalliens). Nach teilweiser Zerstörung und einem erweiterten Wiederaufbau zu Ende des 2. Jh. n. Chr. erreichte die Anlage ihren repräsentativsten und herrschaftlichsten Charakter. Durch die Germaneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jh. und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. erfuhr die Villa zunächst Funktionsänderungen, bevor sie nach Zerstörungen ganz aufgegeben wurde.
Das Hauptgebäude weist einen H-förmigen Grundriss auf, erstreckt sich über 80 x 60 m und verfügte in seiner größten Ausbauphase im frühen 3. Jh. n. Chr. allein im Erdgeschoss über 50 Räumlichkeiten, die zusammen mit Gängen und Portiken eine Fläche von 2.550 m² einnahmen.
Der mauerumstandene Wirtschaftshof schloss sich südlich an das Hauptgebäude an, maß 300 x 135 m und nahm eine Fläche von 4,5 ha ein. Während sich an den Längsseiten parallel zueinander die jeweils sechs Nebengebäude reihten, befand sich in der Mittelachse im Süden ein Torhaus (Gebäude B1 - B13).

Literatur

Stinsky, Andreas: Die Villa von Reinheim. Ein ländliches Domizil der gallo-römischen Oberschicht, Mainz, 2016
Sarateanu-Müller, Florian: Die Villenanlage von Reinheim (=Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim. 2500 Jahre Geschichte. Dossiers d'Archéologie, Sonderheft Nr. 24), 2013
Rotluff, A.: Lebensbilder römischer Frauen, Mainz, 2006